Bern/London - Der Schweizer Bundespräsident Hans-Rudolf Merz und Wirtschaftsministerin Doris Leuthard haben am Samstag Kritik an der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geübt, die die Schweiz auf eine provisorische schwarze Liste unkooperativer Steueroasen gesetzt habe. Nach einem Treffen mit dem britischen Premier Gordon Brown betonte Merz, er sei zuversichtlich, dass die Schweiz nicht auf der schwarzen OECD-Liste landen werde. Brown habe ihm seine Unterstützung zugesichert.

"Weder politisch noch völkerrechtlich akzeptabel"

Der helvetische Finanzminister protestierte bei Brown, weil die Schweiz ohne Absprache auf der provisorischen Schwarzen Liste der OECD figurierte. Die Liste sei am 5. März erstellt worden, ohne dass die Schweiz als OECD-Mitglied davon Kenntnis erhalten hätte. Der Bundesrat habe erst am vergangenen Donnerstag davon erfahren. Das sei weder politisch noch völkerrechtlich akzeptabel.

Diese Kritik unterstützte Wirtschaftsministerin Leuthard. Die OECD habe Nicht-Mitglieder mit Informationen bedient, bevor die Schweiz als Mitglied Einzelheiten zur Schwarzen Liste erfahren habe, sagte Leuthard in der "Samstagsrundschau" von Schweizer Radio DRS. Der Schweizer Botschafter habe bei der OECD in Paris bereits interveniert. Die OECD habe sich unrühmlich verhalten.

"Befreiungsschlag"

Das Vorgehen der OECD will Bundesrätin Leuthard aber nicht als Erpressung verstanden wissen. "Druck ausüben gehört zur Politik", sagte sie. Die Reaktion auf diesen Druck - die Lockerung des Bankgeheimnisses für ausländische Kunden - bezeichnete Leuthard als "Befreiungsschlag" und "besten Weg für die Schweiz". Das Land hätte dem Druck nicht unbeschadet widerstehen können. (APA/sda)