Platzsparender wäre das E-Book allerdings: Mit 150 Titeln direkt auf dem Gerät und derzeit bis zu 13.000 Büchern mit Speicherkarte bietet es Raum für eine ansehnliche Bibliothek.

Foto: Christian Fischer

Sagt Gerald Schantin, neuer Präsident des Hauptverbandes des Buchhandels.

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Wien - Was für den Mainzer Johannes Gutenberg vor mehr als fünfhundert Jahren die beweglichen Metalllettern waren, ist für "Gutenberg 2.0" die elektronische Tinte - der Schlüssel zum neuen Buch.
Denn bisherige Versuche eines E-Books waren nicht zuletzt am unangenehmen Flimmern der Bildschirme gescheitert. Die E-Ink, die Geräte wie den Sony Reader bedruckt, besteht aus Pigmenten, die auf elektrische Spannung reagieren. Der Unterschied zum zellstoffhaltigen Papier soll so zumindest nicht zulasten der Leseraugen ausfallen, und das Material macht den Reader nicht mehr per se schlechter als das gedruckte Buch.

"Besser" macht ihn sein Gewicht: Etwa ein Viertelkilo wiegt das Sony Modell PRS-505, das am 3. April in Österreich auf den Markt kommt und Platz für rund 150 Titel bietet. Die Bibliothek in der Westentasche kann mit Speicherkarten schon auf 13.000 fix gespeicherte Bände anwachsen.

Doch bis der E-Buch-Markt "zu einem straight laufenden Business wird, dauert es noch" , bremst Gerald Schantin, der vergangene Woche neu gewählte Präsident des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels (HVB), im Gespräch mit dem Standard. "Momentan wird Pionierarbeit geleistet, die dieses Jahr über sicher noch andauern wird." Während in den USA Amazon mit seinem E-Produkt Kindle schon sechs Prozent seines Verkaufs digital abwickelt, sind in Europa viele Punkte ungeklärt: der grenzüberschreitende Transfer, die Vergabe der Lizenzen, die Verrechnung.

Auch sind bislang erst wenige deutsche Titel in entsprechender Digitalisierung verfügbar. Anders als Kindle, der ausschließlich Inhalte von Amazon lesen kann, zielt der Sony Reader im deutschsprachigen Raum auf ein offenes System. Lesestoff soll man über Großhändler ebenso beziehen können wie beim Buchladen um die Ecke oder beim Verleger direkt.

Die Strukturen bleiben

Der Buchhandel werde durch diese Entwicklung nicht übergangen, ist sich Schantin sicher, da es nur über ihn die große Auswahl gibt. Das Geschäft mit dem Buch werde das gleiche bleiben, der Leser muss sich lediglich für einen Modus entscheiden. Das E-Book sei in vielen Fällen ein anderes Segment (wie das Hörbuch) und würde "teilweise substituieren".

Auch die Wirtschaftskrise wird dem E-Book nicht zu einer schnelleren Verbreitung verhelfen, sagt Schantin. Denn auch der Preis der E-Bücher werde im Vergleich zur gebundenen Ausgabe "nicht wesentlich billiger" werden und unterliegt genauso der Buchpreisbindung. "Die Verlage sind nicht in der Lage, Inhalte billiger abzugeben. Jeder Roman, der als E-Book verkauft wird, ersetzt ein gedrucktes Buch. Da muss der Verleger seine Kalkulation aufrechterhalten."

In Deutschland, wo der Reader bereits zur Leipziger Buchmesse am Donnerstag eingeführt wurde, steht man schon näher am nächsten Problem: den Raubkopien. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels werde "mit aller Schärfe gegen den illegalen Download" vorgehen, sagte dessen Geschäftsführer Alexander Skipis und will "die Gerichte mit tausenden von Verfahren beschäftigen".

Unbehagen der Verlage

Denn man will mit der Digitalisierung nicht bei flächendeckender Daten-Piraterie landen, wie das der Musikbranche in den letzten Jahren passiert ist. Man habe aus diesen Fehlern gelernt, sagt Schantin: "Ich glaube nicht, dass wir in dieses Chaos verfallen. Die Entwicklung geht im deutschsprachigen Raum sehr strukturiert vor sich." Schantin beruhigt damit auch Verlage, die mit "berechtigtem Unbehagen" den neuen Markt betreten. Im deutschen Sprachraum würden rechtliche Verhältnisse geschaffen werden, "damit kein Verlag zu Schaden kommt".

Die Wahrung der Urheberrechte müsse, gegen Literatur-Piraten wie im Streit gegen Online-Suchmaschinen, im Verband verteidigt werden. "Ein Einzelner kann unmöglich gegen Google antreten." Auch gemeinsam werde der Weg noch schwer genug: "Das Erschreckende ist, dass Amerika hier mit der Enteignung der Verlage durch Google vorprescht und Regeln schafft, gegen die Europa überhaupt nicht ankommen kann! Da können wir nichts mehr daraus lernen, wir können nur noch versuchen zu glätten."

Einstweilen, sagt Schantin, gehe es für alle Beteiligten darum, mit dem E-Book Erfahrungen zu sammeln. "Wer jetzt auf den Zug aufspringt, wird bei diesem Geschäft partizipieren können. Das große Geld wird mit dem E-Book jetzt aber nicht umgesetzt. Da muss man abwarten." Beobachtet man die Auf- und Umrüstung des Buchmarktes in Deutschland, erkennt man keine Spur vom prognostizierten Untergang der Branche - auch wenn dieser Angriff auf die "letzte Bastion des Analogen" ein massiver ist. Ein Buch ist ein Buch, hört man daher als Argument gegen Verleger, die das Schwinden ihrer Unternehmen befürchten, gleich in welcher Form es erscheint. (Isabella Hager, DER STANDARD/Printausgabe, 14./15.03.2009)