Sublimer Horror der Andeutung: Val Lewtons Produktion "Bedlam"  (1946) schließt den Betrachter in ein Irrenhaus ein.

 

 

Foto: Filmmuseum

Wien - Die Auflagen waren klar formuliert. Die Filme sollten den grassierenden Horrorboom bedienen, das Budget einer Produktion durfte 150.000 Dollar nicht überschreiten, die Titel würden durch Marketing-Forschungen generiert, und dafür gab es 250 Dollar pro Woche auf die Hand. Der Produzent Val Lewton akzeptierte dieses Angebot des RKO-Studios - des kleinsten unter den Majors in den anbrechenden 40er-Jahren -, und eine der schönen Paradoxien des Hollywoodkinos war geboren: Statt anonymer Industrieprodukte entstand eine Serie kunstvoll arrangierter Filme, die heute zu den Klassikern ihres Felds gehören.

Lewton war das Mastermind hinter dieser Erfolgsgeschichte. Eine schillernde Figur, die weit mehr verkörperte als das, was man üblicherweise unter einem Produzenten versteht. In Val Lewton: The Man in the Shadows, einer kenntnisreichen und atmosphärisch dichten Dokumentation des US-Filmpublizisten Kent Jones, legt ein begeisterter Martin Scorsese als Erzähler viele Spuren aus: Zu biografischen Prägungen - Lewton entstammte einer russischen Einwandererfamilie, die ihre Herkunft in der neuen Heimat verleugnete -, zu einer Arbeitswelt, in der hohe Effizienz, persönlicher Einsatz und tragische Erschöpfung eng beieinander lagen, sowie zu einem eingeschworenen Team aus Freunden, die aus Wenigem so viel mehr zu schöpfen verstanden.

Die zwei berühmtesten Filme sind jene, die zuerst entstanden: Cat People (1942) und I Walked With a Zombie (1943), beide in der Regie des Franzosen Jacques Tourneur. Der eine erzählt von den triebhaften Regungen einer jungen Frau (Simone Simon), die sie zur Katze werden lassen, und wurde quasi über Nacht zum Sensationserfolg; der andere führt in die schattenreiche Schwüle Haitis, zu lebenden Toten, Voodoo-Ritualen und drängendem Begehren. Die Filme verbinden eine Kunst der Auslassung mit einer lyrischen Mise en scène, ihre Aura weiten sie auf das gesamte Umfeld aus. Es bleibt kein Rettungsanker für die Vernunft.

Ohne Masken und Attrappen

Lewton warf in seinen Filmen den üppigen Ballast ab, all die Masken und technischen Attrappen, die das Horrorfach dieser Zeit, vor allem bei Universal, dominierten: Das Mysterium in einem Film wie The Seventh Victim (1943) beschränkt sich auf ein leeres Zimmer, in dem ein Galgen hängt. Alles Unerklärliche über das Verschwinden einer Schwester liegt in diesem Bild. "Wenn man die Leinwand dunkel genug macht, dann wird das gedankliche Auge daraus herauslesen, was immer man will.": So lautete Lewtons Formel, mit der er einem Genre seine Tiefe zurückgab. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2009)