Marie Andeßner-Stipendien für weiblichen Nachwuchs 

Dass die Universität Salzburg Nachwuchswissenschafterinnen aktiv fördert, stellte sie einmal mehr am 10. März unter Beweis. Bereits zum fünften Mal verlieh Rektor Heinrich Schmidinger Stipendien und Preise an begabte und hoch qualifizierte Nachwuchswissenschafterinnen der Universität Salzburg.

Gemeinsam mit einer Jury, der namhafte Frauen aus Wissenschaft und Universitätsmanagement angehören, wurde unter zahlreichen Bewerberinnen eine Auswahl getroffen. Benannt sind die Würdigungen nach der Salzburgerin, Marie Andeßner, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reiseschriftstellerin alle fünf Kontinente bereiste und ihre Erfahrungen in Salzburger Medien publizierte.

Mit den Stipendien und Preisen werden finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Wissenschafterinnen ermöglichen, sich ganz auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren.

Erfahren Sie In Folge, wer die Preisträgerinnen sind und worüber sie forschen:

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Kommunikation in brüchiger Gesellschaft

Kommunikationswissenschaftin Dr.in Margit Böck erhält ein hoch dotiertes Stipendium für ihr Habilitationsprojekt "Kommunikative Alltagspraxis in einer brüchigen Gesellschaft. Anforderungen an die kommunikationswissenschaftliche Forschung." In diesem wird ein transdisziplinärer theoretischer Rahmen formuliert, der Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher Ebene und das sinn- und identitätsstiftende Handeln der AkteurInnen in ihren Lebenswelten einbindet.

Die zentrale empirische Basis des Projekts ist eine ethnographische Studie, die Margit Böck im Rahmen eines Hertha Firnberg-Stipendiums des FWF in einer entlegenen Region im Mühlviertel durchführte. Der in dieser Untersuchung entwickelte theoretische Ansatz des "Informationshabitus" sowie das daraus abgeleitete anwendungsorientierte Konzept der "Pädagogik der sozialen Inklusion" werden systematisch ausgearbeitet.

Die Fortsetzung der ethnographischen Studie ermöglicht eine sehr selten realisierbare Langzeitperspektive auf Entwicklungen subjektiver Lebensentwürfe und Alltage in spezifischen Lebenswelten. Daten vor allem aus PISA und PIRLS werden ebenso integriert wie aus Studien mit bildungsfernen Gruppen in Wien. In methodischer Hinsicht besonders innovativ sind multimodale Analysen z.B. der Medienpräferenzen der Beforschten oder von ihnen gemachten Fotos. Information zu verwenden dezidiert als "Lernen" zu verstehen, ermöglicht es, dieses für die gesellschaftliche Makro-, Meso- und Mikroebene zentrale Konzept auch in die Kommunikationswissenschaft zu integrieren. Die demokratiepolitische Bedeutung dieser Disziplin wird dadurch aus einer neuen Perspektive akzentuiert.

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Eheroman-Forschung

Ein weiteres Habilitationsstipendium erhält die Romanistin Dr.in Monika Neuhofer für ihre Habilitation zur "Poetik des Hauses im Eheroman des 19. und 20. Jahrhunderts".

Die literarische Gestaltung von Häusern steht also im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Die Salzburger Romanistin untersucht Romane des 19. und 20. Jahrhunderts hinsichtlich ihrer Konzeption von Wohnraum, der sich – so die These der Literaturwissenschaftlerin – als gesellschaftlicher Knotenpunkt des Übergangs zwischen Privatheit und Öffentlichkeit fassen lässt: Mit der Thematisierung des Hauses werden Fragen nach dem sozialen Status, den Geschlechterrollen oder der Macht bürgerlicher Konventionen aufgeworfen.

Insbesondere in den Erzählungen über Ehe und Familie spielt das Haus eine zentrale Rolle. Es erweist sich dort als ebenso persönlicher, ja intimer wie gesellschaftlicher, mitunter politisch dominierter Raum. Die Bedeutung des Hauses als Ort des Wohnens kann, so Neuhofer, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden – nicht umsonst wurde es auch als "dritte Haut" des Menschen bezeichnet. In der Literatur werde die Komplexität dieses Raumes in seiner geographischen, architektonischen, sozialen und persönlichen Dimension ausgeleuchtet und darüber hinaus mit einer symbolischen Bedeutung versehen.

Neben französischsprachigen und italienischen widmet sich das Forschungsprojekt auch deutschsprachigen Romanen. Die komparatistische Ausrichtung erlaubt es, so unterschiedliche Faktoren wie die deutsche Besatzung Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs, die Stellung der Frau in Algerien oder das politische System der DDR der Wohnsituation von Paaren und Familien gegenüberzustellen und so die Poetik des Hauses in ihren verschiedenen Facetten zu untersuchen.

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Das Marie Andeßner Dissertationsstipendium

... geht an Mag.a Christine Schurz:  Die ambitionierte Jungwissenschafterin arbeitet seit 2007 an ihrem Dissertationsprojekt "Noncompositional Theories of Truth and the Liar Paradox", das dem Gebiet der philosophischen Logik zugeordnet wird.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Lügnerparadoxie ist, dass von einem kompositionalen Wahrheitsbegriff ausgegangen wird. Die Wahrheit eines Aussagesatzes hängt demnach nur von der Wahrheit seiner Teilaussagesätze und davon, wie dieser Aussagesatz aus seinen Teilaussagesätzen strukturell zusammengesetzt ist, ab.

Schurz untersucht in ihrer Arbeit nicht-kompositionale Wahrheitstheorien und deren Anwendung auf die Lügnerparadoxie. Sie versucht dadurch neue Möglichkeiten zur Vermeidung der Lügnerparadoxie aufzuzeigen und Erkenntnisse über den Zusammenhang von Wahrheit und Kompositionalität zu gewinnen.

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Preis für Abschlussarbeiten aus den Naturwissenschaften

Mit dem Marie Andeßner Diplomarbeitspreis für ausgezeichnete Abschlussarbeiten aus dem Bereich der Naturwissenschaften wurde Mag.a Stefanie Kritzinger (rechts) für "Warteschlangentheorie als Instrument zur Simulation von Ambulance Routing" am Fachbereich Mathematik der Uni Salzburg prämiert.

Sie präsentiert in ihrer Magisterarbeit einerseits die Theorie der "distreten Markovprozesse und der Warteschlangen", andererseits eine Vorgangsweise der Datenanalyse um die Dynamik von Rettungs- und Krankentransporten zu erfassen.

 

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Hochgebirgsstudien

Auch Mag.a Petra Füreder erhielt diese Auszeichnung für ihre Magisterarbeit "Topographische Korrektur zur verbesserten Landnutzungsklassifikation in Hochgebirgen. Fernerkundungsgestützte Analyse eines Untersuchungsgebietes in Tibet".

Die Abschlussarbeit, die am Zentrum für Geoinformatik verfasst wurde, beschäftigt sich mit Methoden zur computergestützten Landnutzungsklassifikation basierend auf Fernerkundungsdaten. Das Untersuchungsgebiet, das sich als Teileinzugsgebiet des Brahmaputra in Tibet befindet, ist durch extreme Höhenunterschiede gekennzeichnet. Diese führen zusammen mit dem jahreszeitlich bedingt niedrigen Sonnenstand zu erheblichen Verschattungsbereichen, die in weiterer Folge eine automatisierte Bildklassifikation erschweren. In der gegenständlichen Arbeit werden topographische Korrekturmethoden getestet, um diese Beleuchtungsunterschiede auszugleichen und die Qualität der darauf folgenden Klassifikation zu verbessern. (red)

Link: gendup - zentrum für gender studies und frauenförderung, Kaigasse 17, 5020 Salzburg

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