Proteste auf der Zuschauer-Galerie.

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Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) blieb unbeeidruckt.

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Kritik übte auch die Plattform Bleiberecht. Sie zersägte Sesseln vorm Parlament.

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Wien - Die Neuregelung des humanitären Bleiberechts ist heute Mittag im Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen worden. FPÖ und BZÖ lehnten die Vorlage ab, weil ihrer Meinung nach damit Asylmissbrauch Vorschub geleistet werde. Die Grünen sehen hingegen eine "Bleiberechtsverhinderung".

Proteste auf der Galerie

Zu Beginn der Rede von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) kam es zu Protesten auf der Zuschauer-Galerie. AktivistInnen warfen Flugblätter mit dem Bildnis der Innenministerin als Teufel ins Plenum. Der zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer ermahnte die ZuschauerInnen, sie wurden von Ordnern weggebracht.

Die Aufregung blieb aber. Das BZÖ forderte die Einleitung eines Verfahrens gegen die Gruppe, sogar von einer "terroristischen" Aktion war seitens des Abgeordneten Herbert Scheibner (BZÖ) die Rede. Innenministerin Fekter nannte die Störaktion "undemokratisch" und sprach von "Galerieaktivisten der linken Seite".

Hitzige Debatte

Auch sonst verlief die Debatte sehr hitzig. Die Oppositionsparteien lehnten die Vorlage geschlossen ab. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einer "skandalösen Beihilfe zum Asylmissbrauch", BZÖ-Sicherheitssprecher Peter Westenthaler von einem "Scheinasylantenlegalisierungsgesetz". Die Grüne Migrationssprecherin Alev Korun plädierte hingegen für ein echtes Bleiberecht für jene, deren Verfahren ohne eigenes Verschulden in die Länge gezogen worden seien. Die Innenministerin fühlte sich durch die Proteste von links und rechts bestätigt.

"Pragmatisch, menschenwürdig und rechtsstaatlich"

Innenministerin Fekter fühlte sich von all der Kritik angespornt und sah sich in ihrem Kurs bestätigt. Immer wieder betonte sie, dass auch jetzt kein automatisches Bleiberecht erwirkt werde. Dies wäre auch ein "fatales Signal an Schlepperorganisationen". Wer sich "illegal durchschwindelt", werde nicht belohnt. Ihr Vorgehen verteidigte die Ressortchefin als "pragmatisch, menschenwürdig und rechtsstaatlich". In Richtung FPÖ-Chef Strache meinte Fekter: "Ich will rechtsstaatlich vorgehen, sie mit Rambo-Methoden."

Sessel zersägt

Kritik übte auch die Plattform Bleiberecht an der Gesetzesänderung. Die Neuregelung des humanitären Aufenthalts sei keine adäquate Antwort auf die Notsituation, in der tausende Betroffene stecken. Die Bestimmungen würden nach Schätzungen der Plattform Bleiberecht einigen dutzend Personen zugute kommen, während die Gruppe gut integrierter Personen ohne gesicherten Aufenthalt mehrere Tausend umfasse, heißt es in einer Aussendung. Heute früh haben mehrere AktivistInnen der Plattform Bleiberecht vor dem Nationalrat Holz-Sessel zersägt (siehe Foto).

Fragestunde Heinisch-Hosek

Eröffnet wurde die heutige Parlamentssitzung mit einer Fragestunde mit Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sie betonte, dass im Personalplan des Bundes erstmals Ziele zur Frauenförderung festgelegt sien. In Zukunft müsse man bei der Nachbesetzung von Stellen darauf schauen, dies auch mit Frauen zu machen. In der Diskussion um einen höheren weiblichen Anteil bei Spitzenpositionen in Aufsichtsräten nahm Heinisch-Hosek erneut das Wirtschaftsministerium in die Pflicht.

Es bedürfe einer gemeinsamen Aktion zwischen den beiden Ressorts, Frauen- und Wirtschaftsministerium, so Heinisch-Hosek. Nach wie vor hat sich die Ministerin Norwegen als Vorbild in dieser Frage genommen, wo es bereits "empfindliche Geldstrafen" für frauenlose Firmen gegeben habe. Von der Börse sei dort allerdings noch kein Unternehmen genommen worden, beruhigte sie.

Mehr Frauen in Führungspositionen

Die Frauenministerin will das im Regierungsprogramm definierte Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, "sukzessive verwirklichen". Bei der in Österreich nach wie vor großen Einkommensschere sind für sie einige Prozent erklärbar, einige aber nicht. Tatsache sei, dass von jungen Frauen oft schlechter bezahlte Berufe ausgewählt würden, vier von zehn Frauen seien außerdem in Teilzeit beschäftigt. Heinisch-Hosek verwies dabei auf den Gleichstellungsplan bis 2013.

Zwei Sitze mehr im Europaparlament

Darüber hinaus traf der Nationalrat noch Vorkehrungen für den Fall, dass der EU-Vertrag von Lissabon in Kraft tritt und Österreich dadurch, wie geplant, zwei Sitze mehr im Europaparlament bekommt. Für diesen Fall wird die Mandatsverteilung durch die Bundeswahlbehörde auf Basis des Ergebnisses der im Juni stattfindenden Europawahl neu ermittelt. Des weiteren wurde einstimmig ein Übereinkommen zum Verbot von Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Erwerb, Lagerung und Transfer von Streumunition abgesegnet.

Volksbegehren verfallen nicht mehr

Zum Abschluss des Donnerstag-Plenums hat der Nationalrat einstimmig eine Änderung der Geschäftsordnung abgesegnet. Damit verbunden ist unter anderem, dass Volksbegehren und Rechnungshof-Berichte nicht mehr mit Ende der Legislaturperiode verfallen.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die attraktivere Gestaltung der Fragestunde. Wie bereits bei den vergangenen Sitzungen erprobt, haben die Abgeordneten die Möglichkeit, ihre Fragen bzw. Zusatzfragen zu begründen und damit in einen Dialog mit dem befragten Regierungsmitglied zu treten. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, das Mindestalter für die Unterstützung von Bürgerinitiativen von 19 auf 16 zu senken.

Ebenfalls im Lauf der rund 12,5-stündigen Debatte beschlossen wurden unter anderem ein neues Zulassungsverfahren für Arzneimittel sowie unverbindliche Entschließungsanträge, die E-Card künftig mit einem Aufdruck in Blindenschrift (Braille-Schrift) zu versehen sowie rechtlich zu klären, ob Spice und andere biogene Suchtmittel unter die sucht- oder arzneimittelrechtlichen Bestimmungen fallen und allenfalls notwendige Maßnahmen zu Verkaufsbeschränkungen und Verkaufsverboten vorzunehmen sind. (red, APA)