Die sozialdemokratische Unterrichtsministerin scheint den Kampf mit dem christlich-sozialen Gewerkschaftsführer aller Lehrer und anderer Beamter Österreichs nicht zu scheuen. Erleben wir in den kommenden Wochen hierzulande etwas Ähnliches wie Margaret Thatchers Triumph vor zwanzig Jahren?

Mitte der 80er-Jahre traf die damalige britische Premierministerin eine höchst riskante Entscheidung. Hätte sie die Auseinandersetzung wie der letzte konservative Premier vor ihr verloren, wären ihre Tage an der Regierungsspitze wohl gezählt gewesen. Der Sieg bildete das Fundament ihres epochalen Erfolgs - eines Erfolgs, der so nachhaltig war, dass ihr Nach-Nachfolger von der Labour Party nichts Besseres zu tun hatte, als ihre Politik fortzuführen. Die Rede ist vom Bergarbeiterstreik, in den Thatcher den Heißsporn Arthur Scargill und seine National Union of Mineworkers hetzte und den sie nach einem Jahr Streik gewann. Ohne diesen Sieg kein Thatcherismus - und kein Tony Blair mit seinem New Labour.

Die britischen Bergarbeiter waren unumstritten wie die österreichische Beamten - gegen sie war keine Politik zu machen. Scargill und Neugebauer eint ansonsten wenig, aber beider polternde Selbstgewissheit ist von Arroganz kaum unterscheidbar.

Die Parallele kann man noch einen Schritt weiter treiben: So wie jedem Beobachter der britischen Wirtschaft klar war, dass die Kohle nur noch eine sehr beschränkte Zukunft haben könne, ist wohl auch jeder Beobachterin heimischer Bildungshalden klar, dass die Produktionsverhältnisse einer Renovierung dringend bedürfen - doch in beiden Fällen halten sich die Gewerkschaftsbosse für jene Felsen in der Brandung, an denen Minister(innen) zerschellen werden. Scargill unterschätzte seine Gegnerin - und es ist um der Zukunft unseres Bildungswesens willen zu hoffen, dass sich Neugebauer, was die Zähigkeit seines Gegenübers anlangt, ebenso täuschen möge.

Die geringste Sorge von Schmied möge sein, dass jeder Sieg auch nachtragende Feinde beschert. Die Verdienste Thatchers um die Modernisierung Britanniens anzuerkennen fällt - zugegeben - schwer; sie zu leugnen wäre verbohrt.

Tödlicher Mechanismus

Für Gewerkschaften sind Auseinandersetzung tödlich, wenn sie versuchen, sich Entwicklungen entgegenzustemmen, die aufzuhalten oder zu verzögern ausschließlich im Interesse der Inhaber ganz bestimmter Berufe liegt. Wenn sich relativ mächtige Berufsgruppen einfach nicht vorstellen können oder wollen, dass sich die Welt der Arbeit gelegentlich ändert, und ihnen ihre Gewerkschaft mächtig erscheint, dann endet das in Konflikten wie dem britischen Bergarbeiterstreik von 1984/85 oder dem uns nun offenbar bevorstehenden Kampf um Zwei-Stunden-mehr-im-Klassenzimmer.

Man muss sich das ja auf der Zunge zergehen lassen: Da drohen Gewerkschaftsfunktionäre aller Unkündbaren dieser Welt mit Streik, weil der Arbeitgeber ankündigt, eine höhere Produktivität erzielen zu wollen. Demnächst verlangt die GÖD auch noch eine pensionsbezugsfähige Zulage für die schlechte Nachred', unter der Beamte tagtäglich zu leiden haben.

An die Seite der Überschätzung der eigenen Kampfkraft und Bedeutung tritt das beredte Schweigen derer, die meinen, die Solidarität verlange das von ihnen. Wilhelm Haberzettls Assist für Neugebauer - schnelles Ministerhandeln "würde der österreichischen Kultur widersprechen" (der Standard, 26. 2.) - ist das exakte Gegenteil dessen, was ein Freund der Gewerkschaften jemandem wie Neugebauer und seinen fidelen GÖDlern raten sollte.

In der Londoner Portrait Gallery hängt ein Ölbild des Bergarbeiterführers Arthur Scargill. Die Zuneigung des Malers zu seinem Objekt sieht man jedem Pinselstrich an - könnte man nicht dem größten Helden aller österreichischen Beamten aller Zeiten, Fritz Neugebauer, ein noch ein bisserl monumentaleres und hagiographischeres Bild irgendwo hinhängen und uns anderen dafür die Abwehrschlacht der Lehrer gegen die Erhöhung ihrer Arbeitsproduktivität ersparen? (Christian Fleck/DER STANDARD Printausgabe, 12. März 2009)