Kurt Grünewald brachte die zweite parlamentarische Anfrage der Grünen zum Thema E-Voting innerhalb weniger Tage ein. Er ortet Ungereimtheiten beim Vergabeverfahren. Seine Kollegin Daniela Musiol will in ihrer Anfrage an das Wissenschaftsministerium Details zu Sicherheit, Kosten und Abwicklung der elektronischen Wahl erfahren.

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Die Debatte um das E-Voting bei den ÖH-Wahlen reißt nicht ab. Nach der Kritik, das verwendete Softwaresystem weise Sicherheitslücken auf (derStandard.at berichtete), wird nun auch bemängelt, dass das Vergabeverfahren für die technische Umsetzung des E-Votings nicht korrekt abgelaufen sei. Der grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald hat eine parlamentarische Anfrage eingebracht. Er plädiert für eine Offenlegegung des Vergabeverfahrens, wie er im Gespräch mit derStandard.at sagt.

EU-weite Ausschreibung

Im Dezember 2007 wurde die Vergabe europaweit ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt im Juli 2008 die spanische Firma Scytl, die ihre E-Voting-Software bereits für Regionalwahlen in Finnland und Großbritannien bereitgestellt hatte.

Zwei Mitbewerber, die leer ausgegangen waren, legten allerdings Einspruch ein. Das Verfahren sei nicht korrekt abgelaufen, gaben sie als Grund an. Sie fühlten sich benachteiligt und warfen dem spanischen Anbieter vor, Preisdumping zu betreiben. Die Bundesvergabebehörde sprach daraufhin eine einstweilige Verfügung aus.

"Nicht kostendeckend kalkuliert"

In Dokumenten, die auf der Seite des Bundesvergabeamts herunterzuladen sind, wird festgehalten, dass der Zuschlagsempfänger "nicht kostendeckend kalkuliert" habe. Seine Kalkulation sei in einzelnen Positionen als "fast unrealistisch niedrig zu bewerten". Es handle sich dabei um ein Dumpingangebot, welches "bei vergaberechtskonformer vertiefter Angebotsprüfung ausgeschieden hätte werden müssen."

Im September zog das Wissenschaftsministerium die Ausschreibung zurück. Das Bundesvergabeamt war somit nicht mehr für die Einsprüche zuständig. Es hatte davor noch öffentliche Verhandlungen einberaumt, doch dazu ist es nicht mehr gekommen - das Verfahren wurde eingestellt.

Zuschlag trotzdem an Scytl

Das Wissenschaftsministerium hat in weiterer Folge den Auftrag In-House an das Bundesrechenzentrum (BRZ) vergeben. Und mit der technischen Umsetzung ist trotz der vergaberechtlichen Komplikationen die spanische Firma Scytl beauftragt.

Der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald will nun in der von ihm eingebrachten Anfrage an Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) wissen, wie es möglich sein kann, dass die Firma Scytl nun doch den Zuschlag für die technische Umsetzung bekommen konnte, obwohl die Ausschreibung gestoppt worden war. Er kritisiert das "intransparente" Vergabeverfahren, fragt, wie hoch die Kosten für das Wissenschaftsministerium sind, und ob es "weitere Abmachungen" mit der Firma Scytl gebe. Und er will wissen, ob die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes eingehalten wurden.

Grünewald brachte die zweite parlamentarische Anfrage der Grünen zum Thema E-Voting innerhalb weniger Tage ein. Seine Kollegin Daniela Musiol will in ihrer vergangene Woche eingereichten Anfrage an das Wissenschaftsministerium Details zu Sicherheit, Kosten und Abwicklung der elektronischen Wahl erfahren. Noch vor wenigen Jahren waren die Grünen jedoch selbst für E-Voting eingetreten. Es war sogar prominenter Teil der grünen Demokratieoffensive.

Auf "juristisch wackeligen Beinen"

Im Gespräch mit derStandard.at sagt Grünewald, er glaube auch weiter daran, dass E-Voting die Wahlvariante der Zukunft sei, Wissenschaftsminister Johannes Hahn müsse aber genau prüfen, ob die Zeit auch jetzt schon jetzt reif dafür sei. Momentan stehe das Projekt noch auf "juristisch wackeligen Beinen."

Ein mulmiges Gefühl bescheren Grünewald auch die Kosten für die spanische Firma Scytl. Im ursprünglichen Vergabeverfahren waren dem Softwarehersteller zwar noch rund 158.000 Euro zugestanden worden (auch das war von der Konkurrenz als zu niedrig eingestuft worden), er vermutet aber, dass die Firma jetzt sogar kostenlos oder zumindest noch kostengünstiger arbeitet.

Warten auf die Anfragebeantwortung

Nikola Donig, der Sprecher von Wissenschaftsminister Hahn, will auf Anfrage von derStandard.at noch keine Auskunft zu den von Grünwald formulierten Vorwürfen geben. Aber eines, so Donig, sei sicher: Die Vergabe sei korrekt abgelaufen, sonst wäre das Projekt bis jetzt nicht so weit gediehen. Die restlichen Antworten würden dann - spätestens in sechs Wochen - in der Anfragebeantwortung auf der Homepage des Parlaments zu finden sein. Er könne hier nicht vorgreifen. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 11.3.2009)