Wien - Wenn es die ÖVP nicht gäbe, dann müsste sie dringend erfunden werden. Wenn schon nicht so, wie sie eben ist, dann eben so, wie sie sich Erwin Pröll vorstellt. Das ist die Conclusio, die der niederösterreichische Landeshauptmann nach einer Diskussion über die bisherige und künftige Rolle von Volksparteien im Palais Niederösterreich zog. Dorthin hatte der Böhlau Verlag geladen, in dem das "Österreichische Jahrbuch für Politik" in der 31. Ausgabe erscheint.

Bisher war das Buch eher ein Werk für Insider - aber nach 25.000 publizierten Seiten feierte man im ehemaligen Landtagssitzungssaal, der noch nie so voll war wie Montagabend. Pröll, der strahlendste Wahlsieger seit Jahren, ließ sich als "österreichischer Obama" feiern: Nur die integrative Kraft von Volksparteien mache Erfolge jenseits der 50 Prozent möglich - auch und gerade weil die Partei in der Wahlbewegung gegenüber der Rolle des Volkstribuns zurückgenommen werde. Der Politikberater und Jahrbuch-Koautor Thomas Hofer meinte in der Diskussion dazu: "Wenn Sie Mobilisierung wollen, müssen Sie Parteiidentifikationssymbole über Bord werfen."

Das tut die vorgestellte Publikation längst: Auch wenn das "Österreichische Jahrbuch für Politik" ein klar mit ÖVP-Punze ausgestattetes Herausgeber-Gremium (Andreas Khol, Günther Ofner, Stefan Karner, Dietmar Halper) hat, ist es ein verlässlicher Überblick über die Entwicklung. Khol etwa glaubt weiter an klassische Volksparteien wie ÖVP und (mit Einschränkungen) SPÖ. Präsentator Joachim Riedl sieht aber auch im BZÖeine "Totenkult-Volkspartei" . (cs/DER STANDARD Printausgabe, 11. März 2009)