Frankfurt - Die EZB ist nach den Worten von Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi im Notfall auch zu einer Nullzinspolitik bereit. "Falls sich die Wirtschaftslage verschlechtert, ist die EZB zu weiteren Zinssenkungen bereit - auch bis auf null", sagte er der "Börsen-Zeitung" vom Dienstag. Eine ultra-lockere Geldpolitik komme vor allem dann in Frage, wenn die Wirtschaft von einer anhaltenden Deflation - also einen Preisrutsch auf breiter Front - bedroht sei. "In einer solchen Lage wäre es am besten, eher früher als später zu handeln", fügte der Notenbanker hinzu. Aus der derzeitigen Datenlage lasse sich jedoch keine Deflationsgefahr in der Euro-Zone ableiten.

Es sei aber nicht gut für die Wirtschaft, die Zinsen auf ein sehr niedriges Niveau abzusenken, um sie dann bei einer konjunkturellen Erholung rasch wieder zu erhöhen, sagte Bini Smaghi. Stattdessen könne es besser sein, die Zinsen lange niedrig zu halten, um Anleger zu langfristigen Investitionen zu ermuntern.

Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die Leitzinsen vorige Woche im Kampf gegen die Rezession auf das historisch niedrige Niveau von 1,5 Prozent gekappt und weitere Senkungen nicht ausgeschlossen. Zugleich sprach sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet klar gegen eine Nullzinspolitik aus, wie sie etwa die USA und Japan betreiben. Wegen der schweren Wirtschaftskrise prüft die EZB mittlerweile aber auch flankierende unorthodoxe geldpolitische Maßnahmen.

Bini Smaghi machte deutlich, dass ein Ankauf von Staatsanleihen, wie ihn etwa die Bank of England in großem Stil betreibt, für ihn nicht in Frage kommt. Der Ankauf solcher Anleihen am Sekundärmarkt entspreche nicht dem Geist der Gründer der EZB, mahnte Bini Smaghi. Auch sei zweifelhaft, ob mit solchen Ankäufen die langfristigen Zinsen effektiv gedrückt werden könnten.(APA/Reuters)