Erinnert sich noch jemand an den Lissabon-Prozess? Das ist jene europäische Initiative, die zu Beginn des Jahrtausends startete und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Union anstrebt. Schon zu Halbzeit des auf 2010 ausgerichteten Programms musste die EU das ursprüngliche Anliegen, zur wirtschaftlich weltweit stärksten Region aufzusteigen, verwerfen. Bei dieser Gelegenheit wurde gleich auch der Name Lissabon verworfen, das Vorhaben auf Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze umgetauft.

Vielen lag damals das Wort Kindesweglegung auf der Zunge. Und tatsächlich blieb die "Strategy for Growth and Jobs", wie sie nun im Original heißt, wenigen im Gedächtnis. Eigentlich schade, handelt es sich dabei doch um ein ebenso brauchbares wie breites Modell des Benchmarkings. Im aktuellen Lissabon-Ranking können - trotz aller Probleme derartiger Ranglisten - Defizite Österreichs im EU-Vergleich leicht ausgemacht werden: Vor allem der geringe Akademikeranteil sorgt dafür, dass das Land nur im EU-Schnitt rangiert. Um die weit bessere Position beim Wohlstand abzusichern, wären hier viel größere Anstrengungen notwendig.

Doch auch für die ganze Union ist das Ranking ein Alarmzeichen, spiegelt es noch das Auseinanderdriften der EU-Staaten in wirtschaftlicher Hinsicht wider. Der Abstand vom Primus Finnland zum Schlusslicht Italien ist gewaltig. Diese Bandbreite stellt die Zentralbank vor die schier unlösbare Aufgabe, für ungleiche Länder eine einheitliche Geldpolitik zu betreiben. Die Zerfallstendenzen nehmen zu. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.03.2009)