Mono ist bei Flaggschiffen out, Multibrand in: Der neue Gil-Couture-Luxustempel am Kohlmarkt in Wien setzt auf Vielfalt.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Der Trend zu Flagship-Stores für jeweils nur eine Marke weicht still und leise Geschäften mit mehreren Labels. Das ermöglicht, in der Krise schneller auf Änderungen der Nachfrage zu reagieren.

Wien – Je luxuriöser die angebotene Mode, desto protziger die ShopEröffnung. Aber die Einweihung des jüngsten Wiener Luxusgeschäfts Gil Couture am Kohlmarkt entzog sich diesem ehernen Branchengesetz. Ohne glanzvolles Fest sperrte man vor wenigen Tagen die Türen des luxuriösen Multibrand-Stores der Don-Gil-Gruppe auf. Damit ist ein internationaler Trend auch in der heimischen Boutiquenlandschaft angekommen.

Die Flagship-Stores der großen internationalen Modemarken weichen still und leise Geschäften mit vielen unterschiedlichen Labels im Angebot. Diese könnten sich in ihrer Angebotsstruktur schneller auf die Marktbedürfnisse einstellen, erklärt die Branchenkennerin und Chefredakteurin der Österreichischen Textilzeitung, Brigitte Medlin. "Viele große Unternehmen können sich die teuren Flagship-Stores nicht mehr leisten."

Im mittleren Preissegment sei diese Entwicklung von Wien bis Düsseldorf und Berlin zu beobachten, im teureren Segment greife sie erst langsam um sich, sagt Medlin. Gerade eröffnete Roberto Cavalli in Paris einen siebenstöckigen Luxustempel, während der New York Fashion Week sperrte Giorgio Armani auf der Fifth Avenue auf – obwohl die Boutiquen in New York besonders stark von der derzeitigen Krise betroffen sind.
Auch hierzulande ist ein Rückgang in der Modebranche bemerkbar: Nach einer guten Performance im Weihnachtsgeschäft brachen die Umsätze im Jänner um 4,3 Prozent ein, im Februar laut Medlin noch erheblich stärker.

Bei Don Gil, sagt Geschäftsführerin Judith Jordan, habe man für den Herbst etwa zehn Prozent weniger Ware geordert. An dem Konzept, am Kohlmarkt besonders hochwertige Mode zu verkaufen, halte man allerdings fest. Gil Couture verkauft exklusiv in Österreich die Laufstegkollektionen von Kenzo und John Galliano und die Schuhe von René Caovilla. "Der Vorteil von Multilabel-Stores besteht darin, schnell auf die schwierige Situation in der Modebranche reagieren zu können", sagt Jordan.

Das möchte Florian Jonak so nicht stehen lassen. Er betreibt einen großen Teil der Wiener Luxus-Modegeschäfte (Versace, Hermès, Dolce&Gabbana, Ferré). Sie sind allesamt Monolabel-Stores. "Starke und erfolgreiche Luxusmarken verkaufen in Europa ausschließlich in eigenen Geschäften." Von der Krise im Modemarkt habe er in seinen Geschäften noch nicht viel bemerkt, im Jänner gab es ein leichtes Minus, im Februar machte man die gleichen Umsätze wie im vergangenen Jahr: "Bei Hermès gibt es sogar ein Plus."

Mit Ferré verkauft Jonak auch eine von der Finanzkrise stark betroffene Modemarke. Der Mutterkonzern von Ferré, die italienische It-Holding, ist, wie berichtet, zahlungsunfähig. Das aktuelle Geschäft sei davon nicht beeinträchtigt: "Zwei Drittel der Frühjahrskollektion wurden bereits ausgeliefert."

Jonak geht davon aus, dass die Marke unter einem neuen Investor weiterbesteht. Medlin ist da skeptischer: "Im Luxusbereich werden Sie nie hören, dass etwas schlecht läuft, bis die Marke eines Tages plötzlich insolvent ist." (Stefan Hilpold, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.03.2009)