Markus Weigl: "Niemand wollte die Kassandra sein. Ich denke, dass viele Leute gewusst haben, dass es irgendwann zu einem Zusammenbruch kommt."

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Wenn erst einmal die Wogen geglättet sind, werde auf den Finanzmärkten vieles so weitergehen wie vorher, zeigt sich Superfund-Vorstand Markus Weigl im Gespräch mit Bettina Pfluger überzeugt.

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STANDARD: Als Folge der Finanzkrise wird die komplette Überwachung der Finanzmärkte diskutiert. Braucht das der Markt?

Weigl: Es braucht eine vernünftige Regulierung, aber keine komplette Überwachung.

STANDARD: Wie kann eine vernünftige Regulierung aussehen?

Weigl: Gewisse Risiken, die man jetzt gesehen hat, müssen in Zukunft limitiert werden - etwa im Bereich der Kreditvergabe und des Leverage. Egal, wem ich einen sehr hohen Kredit gebe, ich muss mir überlegen, ob er diesen zurückzahlen kann. Auch wenn das Geschäftsmodell positiv aussieht, muss man achtsam sein. Wenn es eine Liquiditätskrise gibt, trifft das alle Anlagevehikel, vor allem die Hedgefonds, die stark von fremdem Kapital abhängig waren.

STANDARD: Diese Problematik ist aber nicht neu. Wenn ich einen Kredit vergebe, sollte ich mir den Schuldner immer genau ansehen...

Weigl: Niemand wollte die Kassandra sein. Ich denke, dass viele Leute gewusst haben, dass es irgendwann zu einem Zusammenbruch kommt, viele haben wohl gehofft, dass sie dann schon in Pension sind. Die Leute haben mit dem Risiko leben müssen, niemand wollte der Böse sein. Das es so schlimm kommt, hat aber, glaube ich, niemand erwartet.

STANDARD: Stichwort Erwartung: Was erwarten Sie an neuen Maßnahmen, die künftig für die Regulierung eingesetzt werden?

Weigl: In Zeiten, in denen alles gut funktioniert, schaut man nicht immer so genau hin. Man hätte aber auch bisher die Weisung ausgeben können, dass die Art und Weise der Kreditvergabe nicht mehr o.k. ist. Dann hätten die Institute das Risiko zurückfahren müssen. Warum das nicht gemacht wurde, weiß ich nicht. Ich hoffe, dass das in Zukunft gemacht wird. Jeder hat das Spiel mitgespielt - das hat die Blase miterzeugt. Wenn jetzt alle Pensionskassen die gleichen Investments tätigen, ist das auch ein großes Risiko für eine Blasenbildung.

STANDARD: Details zur Überwachung der Finanzmärkte fehlen noch. Was erwarten Sie? Dass noch mehr Berichte abgeliefert werden müssen, die so wie bisher oft nur abgelegt werden?

Weigl: Eine der Gefahren, die besteht, ist, dass jetzt eine Suche nach Sündenböcken veranstaltet wird. Wenn sich die öffentliche Meinung beruhigt hat, wird vieles so weitergehen wie vorher. Dass die Aufsichten anders agieren und ihre Instrumente einsetzen werden, ist anzunehmen. Es gilt die Hoffnung, dass durch die Stärke der Krise die Leute vernünftiger werden und eine Lösung suchen, die auch eine langfristige Verbesserung ermöglicht. Man kann aber nicht alles zu Tode regulieren.

STANDARD: Wo liegt die Balance zwischen notwendiger Regulierung und Übertreibung?

Weigl: Die Frage ist auch, wo der Idealzustand für den Anleger ist. Ein Unternehmen versucht immer, das Betriebsgeheimnis gut zu schützen. Die Formel für unsere Produkte wollen wir nicht verraten. Auch Coca-Cola verrät das Rezept nicht für das Getränk, das uns allen so gut schmeckt. Wir haben uns mit den Behörden darauf geeinigt, dass es in Europa eine Depotbank gibt, die täglich sieht, was wir machen.

Was unserer Meinung nach aber nicht sein kann, ist, dass diese Information in die Öffentlichkeit kommt. Das ist sozusagen unsere kleine Coca-Cola-Formel. Wir wollen nicht, dass jeder das nachbrauen kann, was wir tun. Man muss das Recht haben, sein Betriebsgeheimnis zu behüten. Das ist vor allem im Bereich Alternative Investments wichtig.

STANDARD: Was macht ein Managed Future Fonds?

Weigl: Wir ermöglichen den Anlegern Beteiligungen an vielen Märkten. Finanzmärkte, aber auch Warenterminmärkte. Man kann an der Entwicklung des Goldpreises genauso profitieren wie an der Entwicklung eines Aktienindex oder der Zinsen. Der Anleger kann mit uns in beide Richtungen profitieren, also auch, wenn Kurse fallen.

STANDARD: Brauchen Sie für Ihre Strategien Short Selling, bei denen geliehene Papiere verkauft werden?

Weigl: Ja, weil wir auch dann verdienen, wenn der Kurs fällt. Dafür verliert die Gegenpartei nicht, wenn der Kurs steigt. Am Futures-Markt muss immer jemand die Gegenposition eingehen. Jedes "long" braucht ein "short". Diese Strategien kann man aber nicht mit Short Selling auf Aktien vergleichen.

STANDARD: Durch die Krise wird das Thema Kapitalgarantie wieder interessant. Gibt es auf Managed Futures Kapitalgarantie?

Weigl: Ja, aber eine gute Diversifikation im Portfolio ist langfristig sinnvoller, als kapitalgarantierte Produkte zu kaufen. Denn die Garantie kostet ja auch Geld, und wen soll man denn derzeit als Garantiegeber nehmen?

STANDARD: Anleger haben zuletzt viel Geld verloren. Wie kann man deren Vertrauen wieder gewinnen?

Weigl: Das ist ziemlich schwierig. Viele Leute ziehen ihr Geld einfach ab, auch wenn sie bisher gut mit ihrer Veranlagung verdient haben. Die Verunsicherung ist enorm. Man bekommt aber auch Vertrauen zurück, weil die Leute jetzt sehen, dass unsere Strategie aufgegangen ist. Die Leute fangen jetzt aber auch an, die richtigen Fragen zu stellen. Es interessiert sie jetzt, wie sich eine Strategie in verschiedenen Szenarien entwickelt und bei welchem Broker das Geld liegt. Solange der Kunde das Prinzip nicht versteht, kauft er nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.03.2009)