Kunden kamen, sahen und kauften: Ob es auch passt, wird sich weisen, Umkleidekabinen gibt es bei Hofer nicht. Gewühlt durfte jedenfalls nicht werden. Die Verkäufer sorgten für Recht und Ordnung

DER STANDARD/Regina Hendrich

Wien / St. Valentin - Der Nieselregen macht das Warten nicht leichter. Eine betagte Dame hüllt sich fröstelnd in ihren Pelzmantel, trippelt in hohen Stöckelschuhen vor der Glastür auf und ab. Zwei Mädchen ziehen ihre Mützen tief ins Gesicht. Sorge, dass bei Hofer das Toilettenpapier ausgehen könne, habe sie keine, meint die eine und lacht verschmitzt. Aber sie wolle das Designerkleid, dieses eine aus dem Prospekt. Sich dafür frühmorgens anzustellen, das sei schon in Ordnung, allzu lange sei die Schlange vor dem Eingang ohnehin nicht.

Zehn Minuten später kurzer Tumult in der Filiale in der Wiener Innenstadt. "Ich habe nur zwei Hände. Machen S' bitte Platz", klagt eine Verkäuferin. Sie hat ihre farblose Arbeitskluft gegen zartrosa Trikots getauscht, teilt Kartons aus, lenkt Kunden ins Lager nebenan. "Ja hallo, ich bin hier aber noch nicht fertig", stampert die Lady im Pelz ihre Nachbarin in die Schlange zurück. Um neun Uhr ist der gröbste Spuk vorbei. Nur neben dem Schnapsregal prüft die eine oder andere noch die Stoffqualität, versucht zu erahnen, ob ihr Rock und Bluse passen.

Hofer bietet zwischen Gemüse und Obst, Bierdosen und Unterwäsche Mode des Wiener Promischneiders La Hong feil. Zwei Wochen lang sollen die in adretten Kartons verpackten Klamotten zu haben sein. Bilder eines Schlachtfeldes in den Shops, die sich bei Karl Lagerfelds Kooperation mit H&M darboten, sucht man bei Hofer vergeblich, den prognostizierten massiven Kundenansturm auch.

"Bei H&M war die Hölle los, die Leute haben sich Kleider aus der Hand gerissen, die Ständer waren leergefegt", sinniert eine Dame, die sich ans Kühlregal lehnt. Hier dagegen gehe es richtig zivilisiert zu. Fündig geworden ist einer der seltenen Männer: Zwei Kartons räumt er in seinen Mercedes, ein Seidentuch umspielt seinen Kragen. "Hofer will neues Publikum anlocken", sagt er. Er selbst habe La Hong bisher nicht gekannt, aber Shirts von ihm könnten sicher nicht schaden.

Stunden später in Ottakring stehen die Kartons beinahe verwaist da. "Den Leuten ist das halt zu teuer", glaubt eine Verkäuferin. "Wo wird das erzeugt, in Europa?", will ein älterer Herr wissen und beantwortet sich die Frage gleich selbst. "In der Türkei." "In Europa also", erwidert die Verkäuferin. Ein Konflikt entzündet sich, ob die Türkei nun in Europa liege oder nicht.

Designerflaute auf dem Land

Auf dem Land kommt die Designermode weniger gut an. Bei Hofer in der niederösterreichischen Gemeinde St. Valentin schieben Pensionisten und Mütter mit Kleinkindern ihre Einkaufswagen an den beiden jungen Frauen in Rosa vorbei. "Kann ich Ihnen vielleicht helfen?", geht eine der Verkäuferinnen hoffnungsvoll auf eine wohlbeleibte Dame zu. "Das ist mir alles zu klein", meint die Angesprochene mit einem Blick in Richtung der Kleiderständer. Dort hängen die Musterteile der La-Hong-Kollektion. Auf dem Tisch daneben sind, in Kartons verpackt, die verschiedenen Modelle in unterschiedlichsten Größen aufgetürmt. Der Höhe der einzelnen Stapel nach zu urteilen, wurden in den ersten zwei Stunden nach dem Verkaufsstart kaum Designerstücke angebracht.

"Ich bin schon zu alt für so etwas", stellt eine Pensionistin nüchtern fest. "Das ist mir alles zu bunt." Die Männer würdigen die Designerteile auf der Stange nicht eines Blickes. Ein Jüngling wird von seiner Freundin dazu überredet, doch das graue Hemd mitzunehmen. "Wenn es nicht passt, können Sie es innerhalb einer Woche zurückgeben," ermuntert eine der Frauen in Rosa zum Kauf. Ein Mann in Jogginganzug steuert geradewegs auf die Handwerksartikel in den Gitterkörben zu. "Was? Wer ist denn der La Hong?"

Neugierige Journalistenfragen werden ohnehin gleich unterbunden. Der Filialleiter erklärt höflich, dass im Geschäft keine Kundenbefragung erlaubt sei: Die Hofer-Zentrale habe Exklusivreportagen nämlich nur ausgewählten Zeitungen genehmigt. (Verena Kainrath Kerstin Scheller/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8. März 2009)