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Pröll will Schmied und die Gewerkschafter zurück an den Verhandlungstisch holen.

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Wien - Vor den Wahlen waren alle großzügig. Gerade in die Bildung wolle man Geld pumpen, versprachen sämtliche Regierungspolitiker, schließlich verdienten die Kleinen eine bessere Schule. Fünf Monate später ist heftiges Gefeilsche ausgebrochen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) vermisst hunderte Millionen - und will den Lehrern dafür zwei Stunden mehr Unterricht aufbürden. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) versteht ihre Klagen nicht und verweist auf steigende Ausgaben.

Wie steht es wirklich um das Bildungsbudget? Die Regierung hütet die konkreten Zahlen des diesjährigen Gesamtbudgets wie ein Staatsgeheimnis (siehe Artikel unten). Fest steht aber: Im Geld schwimmen wird kein Ressortchef, vielen droht ein harter Sparkurs.

Mehr Geld für Bildung

Das Bildungsministerium ist da vergleichsweise privilegiert. Immerhin kann Schmied mit einem Plus kalkulieren. Im laufenden Jahr wächst ihr Budget gegenüber 2008 um knapp 400 Millionen Euro. Bis 2013 soll der Etat von 6,78 Milliarden - so viel hat das Ministerium 2008 tatsächlich ausgegeben - auf 7,55 Milliarden steigen. Die Zahlen klängen aber großartiger, als sie seien, heißt es im Unterrichtsministerium. Zwei Drittel der 400 Millionen für 2009 gingen für teurere Mieten und die - nicht von Schmied ausgehandelte - Gehaltserhöhung für Lehrer drauf.

Gleichzeitig wird der Schulbetrieb aber auch automatisch billiger. Während das Budget bis 2013 um rund elf Prozent steigt, sinkt die Zahl der Schüler um vier Prozent. Die Ausgaben pro Schüler würden damit um fast 21 Prozent von 6413 auf 7736 Euro steigen.

Genug für ehrgeizige Reformen? "Mir persönlich ist es zu wenig", sagt Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, freut sich "aber auch, dass die Bildung besser wegkommt als andere Ressorts". Er hofft, dass die Politik noch "weitere Quellen" erschließe, schließlich nützten Ausgaben für Bildung der Konjunktur rascher als Straßenbauprogramme. Schmieds Pläne befürwortet Aiginger "im Prinzip", wenn dafür die Arbeitsbedingungen für die Lehrer verbessert würden.

Lorenz Lassnigg vom Institut für Höhere Studien hingegen würde nicht mehr Geld für Schmieds Vorhaben ausgeben. "Es ist sinnlos, immer höhere Summen in ein falsches System zu stecken", meint er: "Die Senkung der Schülerzahl in den Klassen ist die teuerste Maßnahme, verändert allein aber wenig. Es bringt nichts, nur an einem Rädchen zu drehen. Da werden riesige Mittel für kleine Änderungen verwendet."

Lassniggs Vision einer modernen Bildungspolitik: Autonome Schulen bekommen öffentliches Geld, um nicht bloß Einzelmaßnahmen, sondern stimmige Reformprojekte durchzuziehen. Doch die aktuelle Schulverwaltung, ein bürokratisches und ineffizientes Ungetürm, lasse echt Autonomie nicht zu. Schmied hätte deshalb bei einer Organisationsreform ansetzen sollen, meint der Experte, "aber dazu sagen halt alle immer Nein." Lassnigg meint damit nicht nur die für einen Teil der Lehrer zuständigen Länder ("erfüllen nicht einmal die einfachsten Vorgaben des Rechnungshofes"), sondern auch die Lehrergewerkschaft: "Die macht keine professionelle Politik, sondern primitive Interessenvertretung."

Monika Kircher-Kohl formuliert ihre Kritik vorsichtiger: Die Vorstandschefin von Infineon Austria und ehemalige Vize-Vorsitzende von Schmieds Expertengruppe zur Schulreform vermisst bei der Lehrergewerkschaft das "proaktive Zugehen auf die künftigen Arbeitsmodelle ihrer Klientel", das andere Gewerkschaften betreiben würden. Vielmehr würden sich die Lehrervertreter als "Opfer der Nation, der Gesellschaft und der Familienentwicklung darstellen", Vorschläge zur Entwicklung ihres Berufsbildes einfordern und dann Ja oder Nein sagen. "Das kann's nicht sein", findet Kircher-Kohl.

In der aktuellen Diskussion ginge das große Ganze verloren, befürchtet sie. Die umstrittenen zwei Unterrichtsstunden seien "Teil eines neuen pädagogischen Konzeptes". Ministerin Schmied versuche "eigentlich eine Aufwertung des Lehrberufs, aber gleichzeitig eine stärkere Anbindung an die Realgesellschaft". Dazu gehöre eben, dass "alle einen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten". Immerhin gebe es für die Lehrer gleichzeitig "trotz sinkender Schülerzahlen eine"Beschäftigungsgarantie".

"Einen Beitrag von Lehrern zur Krisenbewältigung" fordert erstmals auch Finanzminister Pröll, der bisher nur gegen Schmied gestichelt hat. Nun ruft er zu "Gesprächen" auf, und auch Schmied klingt gegenüber ihren Kontrahenten von der Lehrergewerkschaft versöhnlicher: Die zwei zusätzlichen Unterrichtsstunden seien "nicht in Stein gemeisselt". (Andrea Heigl, Gerald John/DER STANDARD Printausgabe, 7./8. März 2009)