64 Jahre lang gab es nur Skizzen und Berichte von Zeitzeugen über das KZ im südsteirischen Aflenz. Der Historiker Bertrand Perz fand nun Luftbilder des Mauthausen-Nebenlagers. In Aflenz beginnt jetzt erst das Gedenken.

Graz/Wien – Im südsteirischen Aflenz in der Gemeinde Wagna (Bezirk Leibnitz) gab es über Jahrzehnte keine Hinweise auf das Grauen, das sich hier in der NS-Zeit abgespielt hat. Über 900 Menschen wurden in einem KZ-Außenlager von Mauthausen zwischen Februar 1944 und April 1945 gepeinigt. Die Baracken verschwanden schnell, nur ein verfallenes Wächterhaus blieb übrig. Die Stollen, wo Häftlinge (vor allem Sowjets und Polen, einige Deutsche, Österreicher und ein Chinese), für die Steyr-Daimler-Puch AG arbeiten mussten, weisen heute als "Römersteinbruch" in andere Zeiten.

Nur der unermüdliche Zeitzeuge und ehemalige SP-Politiker Franz Trampusch, der als Kind in der Nähe des Lagers lebte, erzählte immer wieder von den Ermordungen, die er mitansehen musste. Seine Skizzen sowie jene von Häftlingen waren die einzigen Bilder, die vom Lager existierten.

Bertrand Perz, Historiker und Lager-Experte der Uni Wien, fand nun in deutschen Archiven auch Luftbilder. Amerikaner haben sie den Tagen der Evakuierung des Lagers um den 4. April 1945 aufgenommen. Im Gespräch mit dem Standard betont Perz: "Es gab eine enorme Zahl solcher Nebenlager in Österreich. Das Interesse der Leute vor Ort, dies zu thematisieren, war aber begrenzt, jenes der involvierten Industrie auch." In der Steiermark habe der Prozess der Aufarbeitung, der im Rest Österreichs in den 1980er-Jahren langsam einsetzte, "noch später begonnen". Das größte steirische Lager, in Peggau, erhielt erst 2006 eine Gedenkstätte mit Namen von Opfer – der Standard berichtete.

2009 wird sich auch in Aflenz "dank einer guten Mischung aus Initiativen von Bund, Land und der Gemeinde selbst" (Perz) einiges tun. Ein Gedenkverein, dem der Historiker und Grazer Ex-Rektor, Helmut Konrad, vorsitzt, ist in Gründung und im Stollen wird eine Dauerausstellung über Fakten zur Lagergeschichte installiert. Zudem schrieb 2008 das Institut für Kunst im öffentlichen Raum des Joanneums einen Wettbewerb für ein "Denkzeichen" aus. Die Sieger, Johanna und Helmut Kandl, werden dem "Wächterhaus" nicht nur mit großen Leuchtbuchstaben seinen Namen neu geben, sondern diesen neu bewerten: Wachsam will man sich künftig erinnern und die Gegenwart wahrnehmen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. März 2009)