Copy City

Bis Montag stehen das Top- und Schikanederkino wie auch das Filmmuseum dem Frauenanimationsfilmfestival Tricky Women und dessen BesucherInnen offen. Gezeigt werden 175 Arbeiten aus aller Welt.

Im Folgenden können Sie sich durch eine kleine Auswahl an Filmen klicken und sich einen Eindruck vom aktuellen Spektrum des Frauenfilmschaffens im Bereich Trickfilm machen. Und Lust auf mehr sowieso.

Im Bild: Copy City, Denise Hauser (GB 2008, Beta SP. 5,03 Min): Eine experimentelle Erfoschung von Randwelten.

Foto: Tricky Women 09

Elephants

Der Eröffnungsfilm des Festivals ist Sally Pearces Elephants (GB 2008, 35 mm. 13 Min): In einer durch und durch grauen Welt wird das Leben eines kleinen Mädchens durch eine Elefantenplage auf den Kopf gestellt.

Nach ihrem 1981 mit Auszeichnung bestandenen Philosophiestudium in Cambridge und einer Ausbildung zur Krankenpflegerin arbeitete die Pearce viele Jahre als orthopädische und geriatrische Krankenschwester, bevor sie 1987 das Filmemachen für sich entdeckte. An der National Film and Television School (NFTS) verwirklichte sie eine Reihe von stilistisch sehr verschiedenen Kurzfilmen. Die neueste Arbeit Elephants läuft bei Tricky Women 09 auch im internationalen Wettbewerb.

Foto: Tricky Women 09

Sita Sings the Blues

Die Hindu-Göttin Sita ist eine Hauptfigur im indischen Ramayana-Epos von Nina Paley. Als pflichtbewusste Ehefrau folgt sie ihrem Mann Rama in eine 14-jährige Verbannung in den Wald, wird jedoch von einem bösen König aus Sri Lanka entführt. Sie muss viele Prüfungen bestehen, bleibt ihrem Mann aber treu.

Die Künstlerin Nina (die Filmemacherin selbst) findet Parallelen zwischen sich und Sita, als ihr Mann, der gerade in Indien arbeitet, ihr per E-Mail mitteilt, dass er die Ehe beenden möchte.

Fünf Jahre lang bastelte die New Yorker Comicautorin Paley am heimischen PC an ihrem ersten Spielfilm, in dem sie verschiedenste narrative und visuelle Stile kombiniert. "Sita Sings the Blues" hat den Untertitel "The Greatest Break-Up Story Ever Told" wahrlich verdient.

Nina Paley präsentiert ihren Film bei Tricky Women 09 persönlich. Außerdem spricht sie beim internationalen Forum "Connecting Animation" über technische und künstlerische Raffinessen des in Flash Animation hergestellten Spielfilms und schildert ihre Pläne einer ungewöhnlichen Vermarktung ohne kommerziellen Verleih.

Foto: Tricky Women 09

Color Rhapsody

Ein Highlight des Festivals ist die Mary Ellen Bute Retrospektive "Seeing Sound", bei der alle Kurzfilme der Pionierin gezeigt werden. Vorgestellt wird das Programm von der Medienwissenschafterin und Mary-Ellen-Bute-Expertin Sandra Naumann.

Bute experimentierte bereits in den 1930er Jahren mit der filmischen Umsetzung von Sound und könnte durchaus als erste VJane der Musik- bzw. Filmgeschichte durchgehen. Sie gehört zu den PionierInnen des abstrakten Films in den USA und in den 1950er Jahren zu den ersten FilmemacherInnen, die sich mit elektronischer Bilderzeugung auseinandersetzte.

Beginnend mit Rhythm in Light (1934) produzierte sie zuerst eine Reihe von Schwarzweiß-Filmen, in denen sie verfremdete Aufnahmen von Alltagsobjekten mit klassischer Musik koordinierte. Ende der 1930er wandte sie sich Animationstechniken und frühen Farbfilmverfahren zu und erschloss sich durch die damit gegebene freie Gestaltbarkeit von Form und Farbe ein vollkommen neues Spektrum zur Kopplung von akustischen und visuellen Elementen. In den 50ern kombinierte sie animierte Bilder schließlich mit Figuren, die sie durch den Einsatz eines Oszilloskops aus der synchronisierten Musik generierte.

Da es kaum gute Vorführkopien ihrer Werke gibt, ergeht es Mary Ellen Bute wie vielen PionierInnen des Animationsfilms, sie ist heute weitestgehend unbekannt. Ganz anders von 1934 bis 1959 als ihre Filme aus dem Vorprogramm vieler Kinokassenschlager einem Millionenpublikum in ganz Amerika vertraut waren.

Im Bild: Color Rhapsody (USA 1948, 6 Min. Musik: Franz Liszt): Eine Komposition aus einander abwechselnden und überlagernden Bildern von Feuerwerkskörpern, Wolken und einem sternen bedeckten Himmel sowie animierten Bildern.

Foto: Tricky Women 09

Peremena

Wie immer steht neben allen Spezial-Programmen der Wettbewerb im Mittelpunkt des Festivals: Heuer konkurrieren 56 aktuelle Arbeiten von internationalen wie heimischen Filmemacherinnen um den Tricky Women Preis der Stadt Wien.

Zum Beispiel Jen-Shen Gurs Film Peremena, der proklamiert: Alle Menschen sind frei und gleich geboren. Punkt, Punkt, Komma, Strich – und herauskommt eine kleine Studie über Toleranz und gesellschaftliches Miteinander. In ihrer Cut-out Animation zeigt die Filmemacherin Jen-Shen Gur eine der wesentlichen Stärken des Trickfilms, komplexe Probleme mit kreativen, manchmal einfachsten Mitteln, im wahrsten Sinne des Wortes, auf den Punkt zu bringen.

Jen-Shen Gur studiert derzeit an der renommierten Moskauer Filmschule Studio SHAR, die bei Tricky Women 09 im Filmschulprogramm vorgestellt wird und ist als Artist-in-Residence den ganzen März im quartier21 in Wien zu Gast.

Peremena läuft sowohl im internationalen Wettbewerb, als auch im Filmschulprogramm SHAR.

Foto: Tricky Women 09

Was tust du eigentlich?

Was hast du dir 2008 vorgenommen? Kartin Rothes Wettbewerbsbeitrag stellt zehn kleine und große Fragen an zehn Menschen auf der Straße. Aus den kurzen Antworten entsteht eine etwa zweiminütige Cut-Out-Animation, in der das Gesagte mal komisch überspitzt, mal naiv dahingezeichnet und mal ganz wirklichkeitsnah illustriert und kommentiert wird.

Die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Dokumentar- und Zeichentrickfilmerin (Stellmichein!) Rothe bringt mit diesen Fragen Menschen zum Nachdenken über ihre persönliche Lebenswirklichkeit. Und erhält zu den großen und aktuellen Themen unserer Zeit gleichermaßen pragmatische wie verblüffend unterhaltsame Antworten.

Foto: Tricky Women 09

The Beloved Ones

Fast zwei Drittel aller mit HIV infizierten Menschen leben in Afrika. Vor allem südlich der Sahara sind die Zahlen erschreckend hoch. In manchen Ländern finden sich kaum noch Familien, die nicht unmittelbar von Todesfällen in Folge der Immunschwächekrankheit betroffen wären.

Samantha Moores Beitrag The Beloved Ones beschäftigt sich mit zwei Frauen in Uganda, die mit den Folgen von Aids leben. Maureen ist 16 und muss sich allein um ihre Schwester kümmern. Ihre Eltern sind an AIDS gestorben. Anna ist 42, HIV positiv und ihre fünf Kinder werden bald Waisen sein. Kunstvoll verwebt die britische Filmemacherin die Porträts der beiden Frauen miteinander - herauskommt bei aller Tragik eine Geschichte vom Leben, die weit über die üblichen Klischees der HIV/AIDS Epidemie in Afrika hinausgeht.

Foto: Tricky Women 09

Made in Okinawa

Das für Tricky Women 09 kuratierte Programm Japanese Animation Today präsentiert Filme von Regisseurinnen aus Japan. Im Land von Manga und Anime hat der klassische Animationsfilm eine lange Tradition. Mit dem Internationalen Trickfilmfestival von Hiroshima beherbergt das Land eines der weltweit renommiertesten Festivals für Animationsfilm.

Die Direktorin und Initiatorin des Hiroshima Festivals Sayoko Kinoshita stellt die Zusammenstellung Japanese Animation Today persönlich vor. Außerdem zeigt das Programm mit Pica Don und Ryukyu Okoku – Made in Okinawa (2004, Bild) zwei eigene Arbeiten der bekannten japanischen Animationsfilmregisseurin. Kinoshita ist dieses Jahr auch Jurymitglied.

Foto: Tricky Women 09

Hunger like Wolf

From New York with Love: Ein weiteres eigens fürs Festival kuratierte Programm aus neuen Werken und Klassikern amerikanischer Trickfilmkunst verblüfft mit seiner Stilvielfalt – von traditioneller Phasen-Animation und Zeichentrick zu 3D und digitaler Malerei. Voll unterschiedlicher Ansätze und Haltungen eint alle Filme ein spezifisches New-York-Element, darunter auch Eun-Ha Paeks brandneuen, 2009 entstandenen Kurzfilm Hunger like Wolf, in dem ein moderner Werwolf an gebrochenem Herzen leidet.

Kuratiert und präsentiert wird die Zusammenstellung von Trilby Schreiber, Dozentin an der School of Visual Arts in New York.

Foto: Tricky Women 09

Lucy

Das Festival wirft wie jedes Jahr einen Blick auf die heimische Trickfilmszene. Und da hat sich in den letzten Jahren dank besserer Ausbildungsmöglichkeiten in den Fachbereichen visuelle Gestaltung und Animation an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen einiges getan.

Viele der im Programm gezeigten Animationen sind Studienarbeiten, die im Rahmen der Ausbildung oder als Abschlussarbeiten entstanden sind z.B. La Andaluza eine Knetanimation von Adele Raczkövi oder Zügelführung von Magdalena Pfeifer (beide Universität für angewandt Kunst Wien/Trickfilmklasse Sielecki), die digitale 3D Animation Die Brathendl Saga von Julia Ostermann, Es war einmal Reduktion von Birgit Palma (beide FH Salzburg/Multi Media Art) oder That’s what’s fishy, ein Projekt von Janina Arendt, die derzeit an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert.

Daneben finden sich aber auch Arbeiten freischaffender Künstlerinnen wie z.B. Decay – der erste Animationsfilm der Wiener Comicautorin Louise Thaler oder Lucy (Bild), eine aufwendige Animation aus Kugelschreiberzeichnungen von Christiane Dorner oder elfriedes sounddrawing. (red)

Foto: Tricky Women 09