Wien - Der Justizausschuss hat am Mittwoch mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ die Regierungspläne zum Zweiten Gewaltschutzpaket abgesegnet. Grundsätzlich bringt das Paket Verbesserungen im Opferschutz und härtere Strafen bei Sexualdelikten. Ziel des Gesetzes sei es, "in der Praxis auftretende Defizite und Schutzlücken zu beseitigen", erklärte ÖVP-Justizsprecher und Ausschuss-Obmann Heribert Donnerbauer. Die FPÖ will sich ihr endgültiges Abstimmungsverhalten bis zum Plenum noch vorbehalten.

Keine adäquate Opfer-Unterstützung

Die Opferschutzeinrichtungen - Weißer Ring, Autonome Österreichische Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen - kritisierten, dass die Ankündigung, Opfern künftig - wie im Strafprozess - auch im Zivilprozess eine kostenlose juristische Prozessbegleitung zukommen zu lassen, nicht umgesetzt wurde. Das Justizministerium begründete die Weglassung mit zu hohen Kosten. Ein Versprechen der Regierungserklärung sei gebrochen worden, meinte Udo Jesionek, der Präsident der Verbrechensopferhilfe. Das sei ein "herber Rückschlag bei den Bemühungen, Opfern endlich die Unterstützung zukommen zu lassen, die ihnen zusteht".

Neuer Tatbestand und psychosoziale Zivilprozessbegleitung

Das Gewaltschutzpaket, auf das sich die alte Bundesregierung im September des Vorjahres geeinigt hat, beinhaltet unter anderem die Schaffung eines Straftatbestandes für länger andauernde Gewalt sowie die Ausweitung der Opferrechte im Zivilrecht analog zum Strafverfahren. Ist also ein Zivilverfahren an ein Strafverfahren geknüpft, soll dem Opfer zukünftig auch im Zivilprozess psychosoziale Prozessbegleitung zustehen, heißt es aus dem Justizministerium.

Ausweitung der einstweiligen Verfügung

Weiters wird einer Sprecherin des Ministeriums zufolge eine Ausweitung der einstweiligen Verfügung auf ein weiteres Jahr auch für Bereiche außerhalb des Wohnbereichs möglich, wenn davor gegen die einstweilige Verfügung verstoßen wurde. Im Wohnungsbereich soll die einstweilige Verfügung von derzeit maximal drei Monaten auf bis zu sechs Monate ausgedehnt werden.

Höhere Strafen bei sexuellem Missbrauch

Die Untergrenze für Strafrahmen im Bereich des sexuellen Missbrauchs soll erhöht werden: Bei sexuellem Missbrauch von Unmündigen beziehungsweise wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen mit schwerer Körperverletzung von derzeit ein bis zehn Jahre auf künftig fünf bis 15 Jahre Freiheitsstrafe. In Fällen mit Todesfolge ist geplant, den Strafrahmen von derzeit fünf bis 15 Jahren auf zehn bis 20 Jahre oder lebenslänglich zu ändern.

Sexualstraftäterdatei

Auch die von der ÖVP geforderte Sexualstraftäterdatei wurde vom Justizausschuss abgesegnet. Außerdem soll es künftig Berufs- und Tätigkeitsverbote für Sexualstraftäter geben.

Auch der Antrag von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, den wissentlichen Zugriff auf Kinderpornografie im Internet unter Strafe zu stellen, ist vom Ausschuss angenommen worden. Der Strafrahmen sei dabei gleich wie bei der Speicherung und Weitergabe von Kinderpornografie.

Ebenfalls im neuen Gewaltschutzgesetz findet sich eine Verlängerung der Verjährungsfrist für Sexualstraftäter. Weiters wurde zugestimmt, das Delikt des Raufhandels, das speziell für die EURO geschaffen worden war, ins Dauerrecht zu überführen.

Gerichtsmedizinisches Gutachten

Im Bereich der Gerichtsmedizin sollen künftig die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Möglichkeit haben, ein Gerichtsmedizinisches Institut oder eine/n private/n Sachverständige/n mit der Durchführung einer Obduktion zu beauftragen. Die Institutsleitung habe dabei dem Ersuchen um Übertragung an eine/n bestimmte/n GutachterIn zu entsprechen, betonte Bandion-Ortner in einer Aussendung.

Für SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ist mit dem Gesetz ein "großer Wurf gelungen, der den Schutz vor Gewalt - insbesondere bei Kindern - verbessert und die Opfer von Straftaten umfassend unterstützt". Österreich werde damit "weiterhin die Vorreiterrolle im Bereich des Gewaltschutzes europaweit einnehmen", hieß es in einer Aussendung.

Die Maßnahmen müssen nun noch in der nächsten Sitzung des Nationalrates (11./12. März) abgesegnet werden. (APA)