Ein Rendering des Wohnhauses Kalypso im Kabelwerk: Mietverträge werden hier nur mit Frauen abgeschlossen

Rendering: ro*sa



Heute, Mittwoch, wird im Kabelwerk, Bauteil Y, Dachgleiche gefeiert. Der Rohbau ist abgeschlossen. Bis Ende des Jahres soll das Wohnhaus Kalypso komplettiert werden. Geht alles nach Plan, sollen die insgesamt 43 geförderten Wohnungen im August 2009 an den Mann gebracht werden - genauer gesagt an die Frau. Kalypso ist ein dezidiertes Frauenwohnprojekt.

Ins Leben gerufen wurde die Initiative vom Verein ro*sa. Hintergrund des Bauprojekts war das Anliegen, Frauen mit Behinderung, Migrantinnen, Alleinerzieherinnen, ältere Damen, aber auch Frauen mit Partner oder Partnerin an der Seite ein Gebäude zu schaffen, das ganz spezifisch auf die weiblichen Wohnbedürfnisse eingeht.

Weibliche Architektur

"Das Projekt zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Gemeinschaftsflächen und an zumietbaren Kleinbüros aus", sagt Susanne Reppé, zuständig für Marketing bei der Kabelwerk Bauträger GmbH. "Es gibt eine Werkstatt, eine weiträumige Waschküche sowie eine Gemeinschaftsküche für diverse Feste und Partys." Ist das etwa der Umriss einer möglichen weiblichen Architektur? "Natürlich ist es mit den räumlichen Voraussetzungen allein nicht getan. Wichtiger als die bauliche Hardware ist die Software des Gebäudes."

Die einzelnen Wohnungen wurden zum Teil partizipativ geplant. Das heißt: Solange es der Baufortschritt ermöglicht, können die Mieterinnen individuelle Wünsche hinsichtlich Grundriss und Ausstattung liefern. Schon lange vor Fertigstellung hat sich aufgrund der Zusammenarbeit unter den zukünftigen Bewohnerinnen ein Nachbarschaftsgefühl eingestellt. "Der Verein hat großen Wert darauf gelegt, dass vom ersten Tag an eine starke soziale Vernetzung stattfindet", sagt Reppé. "Gemeinsame Aktivitäten und gegenseitige Unterstützung entstehen nach einiger Zeit in fast jeder Wohnanlage. Doch hier soll der Prozess moderiert werden und auf diese Weise Erfolg versprechen."

60 Quadratmeter Wohnnutzfläche

Die Wohnungen haben Größen zwischen 50 und 100 Quadratmetern, wobei sich der Großteil der Wohneinheiten bei 60 Quadratmetern Wohnnutzfläche einpendelt. "Aus unserer Erfahrung ist das eine stark nachgefragte Wohnungsgröße", sagt Ingrid Farag, Obfrau des Vereins ro*sa. Die Eigenmittel belaufen sich auf knapp 530 Euro pro Quadratmeter, die Miete inklusive aller Betriebskosten liegt bei 6,30 pro Quadratmeter. Der Eigenmittelanteil sei leider hoch, die Miete liege im marktüblichen Durchschnitt, so Farag. Alle 43 Einheiten sind Mietwohnungen mit Eigentumsoption nach zehn Jahren.

Mietverträge nur mit Frauen

Während ein Drittel der Wohnungen an das Wohnservice Wien übergeben wird, hat der Verein für die Vergabe der restlichen 28 Wohnungen ein Vorschlagsrecht. Geplant ist, dass alle Mietverträge nur mit Frauen abgewickelt werden. "Probleme in Bezug auf eine Männerdiskriminierung sehe ich nicht", sagt Farag. "Wenn von insgesamt 900 Wohnungen im Kabelwerk nicht einmal drei Prozent für Frauen bestimmt sind, erkenne ich keinen Grund zur Klage." Nicht zuletzt beziehe sich die Regelung nur auf die Unterzeichnung der Mietverträge. "Mit wem die Frauen dann einziehen und welchen Lebensstil sie pflegen, geht uns nichts an."

In der Zwischenzeit ist bereits das zweite Frauenwohnprojekt in Bau. Auch in Donaustadt war der Verein ro*sa aktiv und errichtet dort derzeit ein Haus mit 38 Wohnungen. Im Dezember letzten Jahres war Spatenstich. Architektin Sabine Pollak: "Das Wohnhaus soll zu Weihnachten übergeben werden." (Wojciech Czaja, DER STANDARD Printausgabe 4.3.2009)