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Spidla präsentierte am Dienstag die Ergebnisse eines EU-Länderrankings. Österreich liegt im EU-Vergleich an vorletzter Stelle.

Foto: AP/Thierry Charlier

Nur Estland ist noch ungerechter. Als EU-Kommissar Vladimir Spidla, zuständig für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit am Dienstag die Kampagne "Close the gender pay gap" zum Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles präsentierte, wurde ein Länderranking präsentiert. Österreich liegt im EU-Vergleich an 26. also vorletzter Stelle. Hierzulande verdienen Frauen um 25,5 Prozent weniger als Männer. EU-weit beträgt der Unterschied 17,4 Prozent. In Zahlen sind das auf die Lebensarbeitszeit hochgerechnet 160.000 Euro. Das Ranking bezieht sich auf Daten aus dem Jahr 2007 und zeigt auch, dass Österreich stagniert. Denn auch 2006 lag das Lohngefälle bereits bei 25,5 Prozent.

Während die Slowakei - 2006 lag das Land noch an vorletzter Stelle - offenbar effektive Maßnahmen ergriff, rutschte Österreich im Länder-Ranking sogar ab. EU-weit haben sich die Löhne von Frauen und Männern von 2006 auf 2007 um 0,3 Prozentpunkte angenähert, in Österreich nicht.

Bei der Pressekonferenz zum Kampagnenstart meinte Kommissar Spidla:"Österreich ist sehr schlecht dran." Und mit dem Argument, dass viele Frauen hierzulande in Teilzeitjobs arbeiten, sei das schlechte Abschneiden noch nicht ausreichend erklärbar. "Wenn man das mit anderen Ländern vergleicht, dann liegt das tiefer im Konzept der österreichischen Gesellschaft. Es ist sehr viel zu tun."

Ein Grund für das große Lohngefälle sei die Arbeitssegregation, also dass Frauen und Männer in verschiedenen Bereichen arbeiten. "Wenn man die Mädchen ohne Beratung entscheiden lässt, dann wollen sie wieder nur Friseurin werden" , so Spidla. Zusätzlich gebe es Probleme bei der Förderung von Frauen für höhere Positionen. Die Gründe seien überall dieselben. "Aber in Österreich sind die Konsequenzen noch härter" , so der Kommissar.

Der größte Lohnunterschied ist im Finanzsektor zu verzeichnen, der niedrigste im Baugewerbe. Die Arbeit von Frauen und Männern werde anders bewertet, analysierte die EU-Kommission. Im Fachjargon heißt das "indirekte Diskriminierung" . Für vergleichbare Kompetenzen bekommen Frauen einfach weniger bezahlt. "Unternehmen geben dafür den Funktionen von Männern und Frauen verschiedene Namen" , erklärt der Experte der EU-Kommission, Daniel Waterschoot. "Putzfrauen heißen Putzfrauen, Männer die das machen Oberflächentechniker." Die Annäherung der Löhne der Männer und Frauen geht der Kommission zu langsam. Sie evaluiert deshalb zur Zeit alle europäischen Gesetze zur Geschlechtergleichstellung. Bleibt die Frage, ob der Appell der Kommission auch in der Wirtschaft gehört wird. Selbstverständlich gebe es Unternehmerbosse, die etwas eingeschränkt seien, gibt Kommissar Spidla zu. Aber man habe handfeste ökonomische Motive gegen die Diskriminierung von Frauen.

Frauen als Trumpf

So hätte eine französische Studie gezeigt, dass Finanzgesellschaften mit mehr Frauen in Entscheidungspositionen die Finanzkrise besser überwinden konnten. Eine finnische Studie zeige, dass Klein- und Mittelunternehmen, die von Frauen geführt werden, um zehn Prozent effizienter sind, so Spidla. "Die Frauen sind ein Trumpf, den man ausspielen muss." Außerdem seien sie heute besser qualifiziert. "Und die Männer müssen die Konsequenzen ziehen" , sagt der Kommissar. Dann nuschelt er noch leise ins Mikrophon: "Wenn sie keine Idioten sind, aber das ist eine andere Frage." (Adelheid Wölfl aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe 04.03.2009)