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Wer auf Tiefschnee abfährt, sollte Lawinenwarntafeln nicht ignorieren: Fahrlässig ausgelöste Suchaktionen gehen ins Geld

Foto: Reuters

Null Toleranz für Skifahrer,die grob fahrlässig Lawinenauslösen, heißt es in Zell am See: Bergretter
bleiben regelmäßig auf einem Fünftel ihrer Kosten sitzen, weil sie im Ausland schwer einzutreiben sind - Von Markus Peherstorfer

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Salzburg - Das Kitzsteinhorn bei Kaprun am Samstag um elf Uhr vormittags: Einige Variantenskifahrer ziehen ihre Spuren durch den frischen Schnee am Steilhang oberhalb der Piste mit der Nummer zwei - bei Lawinenwarnstufe vier (hoch) und obwohl der Hang mit Warntafeln als gesperrt gekennzeichnet ist. Ein 80 Meter breites Schneebrett löst sich und verschüttet die darunter liegende gesicherte Piste auf einer Länge von 200 Metern. Ein 42-jähriger Skifahrer aus Deutschland wird bis zur Brust verschüttet, kann aber unverletzt geborgen werden.

Stundenlange Suche

Weil nicht auszuschließen ist, dass weitere Wintersportler unter den Schneemassen liegen, beginnt eine groß angelegte Suchaktion. An die 50 Menschen sind beteiligt: Bergretter, Hundeführer, Alpinpolizisten und Seilbahn-Mitarbeiter. Dazu kommen sechs Suchhunde und vier Hubschrauber. Erst nach vier Stunden kann der Einsatz beendet werden und es wird klar, dass niemand zu Schaden gekommen ist.

Finanzielles Nachspiel

Für den tschechischen Skilehrer Václav S. wird die Lawine ein finanzielles Nachspiel haben: Er gehört zu jenen Variantenfahrern, die sie ausgelöst haben dürften. Laut Bezirkshauptmannschaft hat der Einsatz über 10.000 Euro gekostet. Vor allem die Hubschrauberflüge kommen teuer. „Es geht uns nicht um die Kriminalisierung von Variantenfahrern oder Tourenskifahrern allgemein", sagt Kurt Reiter, der Katastrophenschutzreferent des Bezirks, zum Standard. Es gehe nur um Sportler, die durch grobe Fahrlässigkeit Lawinen auslösen: „Die werden beinhart mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Kasse gebeten."

Kurzer Prozess

Die Behörde stützt sich dabei auf Bestimmungen im Katastrophenhilfe-, Rettungs- und Feuerwehrgesetz, die vollen Kostenersatz für fahrlässig herbeigeführte Einsätze vorsehen, sagt Reiter: „Da brauchen wir gar keinen langen Gerichtsprozess."

Schwieriges Geld-Eintreiben

Von Ausländern kann die Bezirkshauptmannschaft auch Sicherheitsleistungen in Höhe von mehreren tausend Euro verlangen - den Rettungsorganisationen würde sonst drohen, auf ihren Forderungen sitzenzubleiben. Einfacher ist die Sache, wenn die Verursacher selbst verletzt sind und gerettet werden müssen: „Dann stellen wir die Rechnung selber", sagt Estolf Müller, der Landesleiter der Salzburger Bergrettung. In etwa zwanzig Prozent der Fälle seien die Forderungen dennoch uneinbringlich. Vor allem in Italien und Russland sei es mitunter schwierig, das Geld einzutreiben.

Mehrere Bergführer und Skilehrer angeklagt

Auch strafrechtlich kann das fahrlässige Auslösen von Lawinen relevant sein: dann nämlich, wenn Menschen dadurch zu Schaden kommen. Mehrere Bergführer und Skilehrer wurden in den vergangenen Jahren wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung angeklagt, weil sie Gruppen in lawinengefährdete Hänge geführt hatten.

Mildernde Umstände

An Václav S., der in Kaprun wohnt, dürften nicht alle Kosten hängen bleiben, sagt Reiter: „Er war offensichtlich nicht der primäre Auslöser. Außerdem hat er sich gestellt und auch tatkräftig bei der Suchaktion mitgeholfen - das sind natürlich mildernde Umstände." Er wolle den Erhebungen aber nicht vorgreifen. Nach den anderen beteiligen Wintersportlern werde noch gefahndet: „Es gibt einige Hinweise. Vielleicht stellt sich ja auch noch jemand - das schaut für den Betreffenden immer besser aus, als wenn wir ihn ausforschen." (DER STANDARD Printausgabe 4.3.2009)