Er ist ein Mann für viele Gelegenheiten: Als Vorstand von Vodafone wurde er an der Gerüchtebörse bereits gehandelt; einen kroatischen Wirtschaftsminister hätte der einstige Präsident der kroatisch-österreichischen Wirtschaftskammer abgeben sollen.

Fix

Diesmal ist der Abgang von Boris Nemsic als CEO der Telekom Austria offiziell: Der Konzern bestätigte Montagfrüh, dass Nemsic Ende März ausscheiden und die Leitung des russischen Mobilfunker Vimpelcom übernehmen wird.

Auf Nemsic kommt bei Vimpelcom keine leichte Aufgabe zu. Sein Vorgänger, Alexander Isosimow, hat wegen dem seit Jahren tobenden Eigentümerstreit aufgegeben. Die russische Alfa-Group-Tochter Altimo, die an Vimpelcom 44 Prozent hält, wirft der norwegischen Telefongesellschaft Telenor vor, die Expansion in die Ukraine verzögert zu haben. Telenor ist mit 29,9 Prozent am drittgrößten Mobilfunkanbieter Russlands beteiligt.

Streit zwischen den Eigentümern

Der Streit zwischen den Eigentümern, hinter denen zum einen mehrheitlich der norwegische Staat und zum anderen der russische Oligarch Michail Fridman steht, brach 2004 aus. Telenor sprach sich gegen die russischen Pläne aus, den ukrainischen Betreiber Ukrainian Radio Systems (URS) zu übernehmen. Telenor und Altimo waren nämlich bereits mit dem Joint-Venture Kyivstar am ukrainischen Markt vertreten.

2006 setzte sich die russische Seite durch und übernahm URS - ein 600-Millionen-Dollar-Investment, das bisher nur Verluste brachte. Seither überhäufen sich die Partner mit Klagen. Im August 2008 hat ein Gericht in Sibirien geurteilt, dass Telenor 2,8 Milliarden US-Dollar zahlen muss, da es die Übernahme von URS behindert habe.

Nicht das alleinige Sagen

Abgesehen vom Eigentümerstreit wird Nemsic bei Vimpelcom nicht das alleinige Sagen haben. Als Generaldirektor wurde Alexander Torbachow, der derzeitige Generaldirektor des Lebensversicherers Rosgosstrach, nominiert. Russische Medien spekulieren, dass die Agenden zwischen beiden Managern so aufgeteilt werden, dass Nemsic die operative Steuerung des Konzerns über haben und Torbachow für die Strategie und die Beziehung zu den Staatsorganen zuständig sein wird.

Der russische Mobilfunkmarkt ist mit rund 172 Millionen Kunden (nach Sim-Karten) und einer Sättigung von 130 Prozent der größte Europas und steht am Beginn eines Verdrängungswettbewerbs. Im operativen Geschäft, für das Nemsic zuständig sein wird, gibt es darum für Vimpelcom nicht mehr viel zu holen. Vimpelcom ist mit seiner Marke "Beeline" und rund 47 Millionen Vertragskunden in Russland drittgrößter Anbieter hinter Vodafone (MegaFon) und MTS (Mobile TeleSystems).

Jeder der drei Betreiber hat nach Berechnungen der GSM Association (die europäische Vereinigung der Mobilfunker, der Nemsic als Vorstand angehört), rund ein Drittel des Marktes. Zusammen mit den Auslandsmärkten gehört damit jeder der Mobilfunker zu den zehn größten Betreibern Europas.

Höhere Preise

Vergangene Woche hat Vimpelcom angekündigt, die Preise zu erhöhen. Laut den UniCredit-Analysten beträgt bewegen sich die Erhöhungen je nach Vertragsmodell zwischen 18 und 58 Prozent. Die Preiserhöhung trifft auf eine Tarifsenkung beim Konkurrenten MTS, der Freiminuten vergibt - ein Novum am russischen Markt.

Wenig Spielraum hat Vimpelcom für die Expansion in andere Märkte. 2008 ließ sich der Mobilfunkanbieter den Markteintritt in Vietnam und Kasachstan, sowie die Übernahme des Breitbandanbieters Golden Telecom, sechs Mrd. US-Dollar (4,8 Mrd. Euro) kosten. Insgesamt sitzt Vimpelcom auf acht Mrd. Dollar Schulden, 70 Prozent davon in Dollar und Euro. Im laufenden Jahr muss Vimpelcom 1,8 Mrd. Dollar an Schulden zurückzahlen. (Verena Diethel, DER STANDARD Printausgabe, 3. März 2008)