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Die "Mülldeponie" wird während der Fastenkur aufgeräumt

Foto: APA/privat

Warum so viele Menschen etwas loswerden wollen, was möglicherweise gar nicht existiert? Weil das „Entschlacken" viele Freuden verspricht: Körperliche wie seelische Reinigung, Ausgeglichenheit, Energie, steigende Konzentrationsfähigkeit, und als Draufgabe noch eine Traumfigur. Für zwei Millionen Österreicher Gründe genug, um zumindest einmal jährlich den Vorsatz zu definieren, mit einer Fastenkur zu beginnen.

Zwei Millionen Menschen die unter anderem folgendem Erklärungsmodell Glauben schenken: Das Säure- und Basengleichgewicht ist ein wichtiger Motor im menschlichen Organismus. Sein Treibstoff: Die Nahrung. Isst der Mensch überwiegend sauer, dann nimmt die Säurekatastrophe unaufhaltsam ihren Lauf. Wie der saure Regen für die Pflanzenwelt, richtet ein ständiges Zuviel an säurehältigen Nahrungsmitteln im Körper gewaltigen Schaden an. Zuerst sind noch die Basen im Blut darum bemüht die überschüssige Säure abzupuffern. Ist der Bedarf jedoch höher, dann werden Basen aus den Knochen, Sehnen, Haaren und der Haut mobilisiert. Ist das Abfallprodukt neutralisiert, dann wird es mit Schleim dicht verpackt. Der Volksmund spricht nun von der „Schlacke".

Wohin mit der Schlacke?

Mit der falschen Ernährung fallen eine ganze Menge „Schlacken" an. Die Ausscheidungsorgane sind diesem Andrang nicht mehr gewachsen, eine Deponie im Bindegewebe wird installiert. Bei der Frau ist sie optisch gut sichtbar als Cellulite. Ist das Bindegewebe gefüllt, dann bilden sich neue Müllhalden – diesmal in Gelenken, Sehnen und Muskeln. Der Grundstein zur Entwicklung diverser rheumatischer Erkrankungen ist nun gelegt.

Wie bitte?

Spätestens jetzt fragen sich Schulmediziner: Wovon ist hier eigentlich die Rede? Denn einen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass „Schlacken" tatsächlich existieren, gibt es noch nicht. Vielmehr propagieren Gegner von Fastenkuren, dass der Mensch als hoch entwickelte Spezies durchaus selbst in der Lage ist überflüssige Stoffwechselprodukte zu entsorgen. Die Angst vor einer chronischen Vergiftung ist demzufolge vollkommen unbegründet. Die Abfallbeseitigung erfolgt körperintern hochorganisiert. Während sich der Dickdarm den unverdaulichen Ballaststoffen annimmt, werden andere Substanzen in den Dünndarm und in die Leber geschleust und anschließend über Niere, Blase und Harn ausgeschieden. Wozu also fasten, fragen sich Befürworter dieser Theorie und besondere Hardliner wähnen hinter dem „heilenden" Fasten vielmehr eine drohende Vergiftung infolge der Übersäuerung durch anfallende Ketonkörper. Diese sauren Stoffwechselprodukte finden sich bei jedem Fastenden durch den gesteigerten Fettsäureabbau im Harn. Relevante Auswirkungen haben Ketonkörper unter kontrollierten Fastenbedingungen allerdings keine.

Wer keine wochenlange Nulldiäten in Eigenregie praktiziert, der darf selbstverständlich auch mal „entschlacken", egal ob er an die Schlackengeschichte nun glaubt oder nicht. Die Frage welche Lebensmittel sauer sind und welche nicht wird aber an anderer Stelle behandelt. Nur soviel: Die Zitrone ist basisch. (Regina Philipp, DerStandard.at, 05.03.2009)