Wien - Bildungsexperten sorgen sich um die berufsbildenden Schulen in Österreich. Die Jugendlichen im berufsbildenden Schulwesen verdienen nach Ansicht von Bildungsexperten "mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung seitens der Bildungs- und Sozialpolitik", heißt es in dem Montag Abend veröffentlichten österreichischen Expertenbericht zur PISA-Studie 2006. So seien etwa die berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) zum "Auffangbecken" für Jugendliche mit Migrationshintergrund geworden, der Anteil der Risikoschüler beim Lesen liegt im Bereich Berufsschulen bei 43 Prozent, an Polytechnischen Schulen (PS) 54 Prozent.

Nur 22 Prozent besuchen eine AHS

Für die PISA-Experten ist die Oberstufe durch einen sehr hohen Anteil von Jugendlichen in berufsbildenden Bindungsgängen charakterisiert. So besuchen in Österreich über 72 Prozent der Schüler im Sekundarbereich II (z.B. AHS-Oberstufe, BMS, BHS) eine berufsbildende Bildungseinrichtung und nur 21,5 Prozent allgemeinbildende Schulen - im Gegensatz zum OECD-Schnitt von 50 Prozent und dem EU-19-Schnitt von 44 Prozent in allgemeinbildenden Schulen. Allerdings kommt nach Ansicht der Experten in allen drei berufsbildenden Schulformen (berufsbildenden mittlere und höhere (BHS) Schulen sowie Berufsschulen) "klar die soziale Selektion und Determiniertheit im österreichischen Schulsystem hervor".

Die Experten orten dabei "eine tiefe Kluft zwischen den BHS und den beiden mittleren Ausbildungen (Berufsschule und BMS), die vom sozioökonomischen Hintergrund der Eltern bis zu den beim PISA-Test erreichten Kompetenzniveaus viele Ähnlichkeiten aufwiesen. Vor allem an den BMS, die insgesamt von rund 52.000 Schülern besucht werden, "sammelt sich eine Gruppe von Jugendlichen, denen erhöhtes Augenmerk zu schenken ist".

Viele RisikoschülerInnen

Der Anteil der Risikoschüler, also jener, die beim PISA-Test von fünf Kompetenzstufen nur die einfachste Stufe bzw. nicht einmal diese erreichen, ist in den PS am größten (48 Prozent in Lesen, 47 in Mathematik). Auch in den BMS und Berufsschulen liegt der Anteil der Risikoschüler überdurchschnittlich bei rund 30 Prozent. Über alle Schulen gerechnet haben 22 Prozent der Schüler in Lesen nur minimalen Kompetenzen, und 20 Prozent in Mathe.

Die BMS, und hier insbesondere die kaufmännischen Schulen, wie etwa die Handelsschule, seien "zum 'Auffangbecken' für ausbildungswillige Jugendliche mit Migrationshintergrund geworden", heißt es in dem Bericht. Diese würden sich noch stärker als die übrigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch eine schwierige sozioökonomische Situation der elterlichen Haushalte auszeichnen. Außerdem würden auch ihre bei PISA getesteten Leistungen weit hinter anderen Vergleichsgruppen zurückbleiben.

Eltern ohne Matura

Es überwiegen in berufsbildenden Schulen Jugendliche mit Eltern ohne Matura: Von den Eltern der Berufsschüler hatten 78 Prozent maximal Pflichtschule oder eine mittlere Ausbildung wie Lehrer oder BMS, bei Jugendlichen in den BMS sind dies 75 Prozent, bei jenen in Polytechnischen Schulen (PS) 80 Prozent und jenen in BHS 58 Prozent. Bei AHS-Schülern haben nur 26 Prozent der Eltern keine Matura. Vor allem MigrantInnen erreichen selten ein höheres Bildungsniveau als ihre Eltern (derStandard.at berichtete).  (APA)