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Präsident Joao Bernado 'Nino' Vieira wurde am Montag im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bissau erschossen. Die Ermordung des Präsidenten sei das Werk einzelner Soldaten.

Foto: REUTERS/Jose Manuel Ribeiro (PORTUGAL)

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Quelle: APA

Bissau - Nach dem Mord am Präsidenten hat auf Guinea-Bissau das Militär die Macht übernommen. Die Lage sei unter Kontrolle, erklärten die Streitkräfte am Montag. Ranghohe Offiziere hätten ein Komitee zur Bewältigung der Krise gebildet.

Drogenhandel und Korruption

Die Gründe für den aktuellen Putsch sind vielschichtig: Zum einen gehe es derzeit um die Verteilung der Einnahmen aus dem Drogenhandel. Guinea-Bissau entwickle sich mehr und mehr zum "Narco-State" - also zum Drogenumschlagplatz. Columbianische Drogenkartelle nutzen das Land als Drehscheibe für den Kokainschmuggel nach Europa. Auch Flüchtlingsboote auf dem Weg nach Europa starten oft von dem westafrikanischem Land.

"Büchse der Pandorra"

Aber auch Rivalitäten zwischen den ethnischen Gruppen spielen eine Rolle. Hinzu kommen interne Rivalitäten in der Armee. "Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass es zu einem Bürgerkrieg kommt", befürchtet Dirk Kohnert vom GIGA-Institut für Afrikastudien in Hamburg. Kohnert fordert militärisches Eingreifen der UN. "Das hat sie schon mal gemacht und sie wäre auch gut beraten das noch mal zu tun". Guinea-Bissau sei eine "Büchse der Pandora". Der Konflikt könne sich leicht auf Nachbarstaaten übertragen.

Kleines Land, großer Einfluss

Guinea-Bissau liegt an der Westküste Afrikas und ist nur knapp 36.000 Quadratkilometer groß - etwa so groß wie Belgien. "Die Bedeutung des Landes geht allerdings über seine Größe hinaus", sagt Kohnert. Es sind immer wieder Denkanstöße für die gesamte Region aus Guinea-Bissau gekommen. Kohnert: "Die Entwicklungen in Guinea-Bissau haben auch die Befreiungskämpfe in Angola und Mozambique und selbst die Nelkenrevolution in Portugal beeinflusst." Der Grund für die Bedeutung des westafrikanischen Staates mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern ist die historische Entwicklung des portugiesischen Kolonialreiches. Guinea-Bissau war eine der ersten portugiesischen Kolonien.

Militärputsch an der Tagesordnung

Guinea-Bissau ist ein von Bürgerkriegen und Militärputschen geprägtes Land. Immer wieder kam es seit der Unabhängigkeit von der ehemaligen portugiesischen Kolonie im Jahr 1974 zu gewaltsamen Machtwechseln. Auch der am Montag vermutlich von den Militärs ermordete Präsident Joao Bernardo Vieira hat sich 1980 mit Hilfe des Militärs an die Macht geputscht. In den darauffolgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Attentatsversuche auf Vieira, der von 1980 bis 1999 durchgehend an der Macht war. In diesem Jahr wurde auch er aus dem Amt geputscht. 2005 kehrte er aus seinem portugisischem Exil zurück und gewann die Präsidentschaftswahlen. Unumstritten war Vieira trotzdem nicht: Zuletzt entging er Ende vergangenen Jahres einem Mordversuch.

Tropf der Entwicklungshilfe

Guinea-Bissau verfügt kaum über natürliche Ressourcen mit denen es möglich wäre Reichtum zu erwirtschaften. "Außerdem ist das Staatsgebilde korrupt. Es gibt interne Grabenkämpfe über die Einnahmen aus dem Drogenhandel", sagt Kohnert. Über den aktuellen Putsch ist zwar wenig bekannt, aber man könne davon ausgehen, dass die Armee involviert ist.

Wirtschaftlich hängt das Land derzeit am Tropf der Entwicklungshilfe. Diese Gelder werden zum Teil für Interessen Einzelner eingesetzt oder finanzieren die Wünsche von Regierungsfürsten und nicht zur Bekämpfung der Armut. Das Land liegt an 171. Stelle des aktuellen UN-Human Development Index (HDI). Insgesamt wurden im Jahr 2008 179 Länder bewertet. Der HDI misst die Entwicklung von Ländern anhand von Kriterien wie BIP pro Kopf, Analphabetenrate und Kindersterblichkeit.

Fremdlinge und eigene Helden

Unruhen gab es immer wieder seit 1974, als Guinea gemeinsam mit dem Inselstaat Kap Verde für Unabhängigkeit kämpfte. 1980 putschte sich Vieira in Guinea-Bissau gegen den damaligen Präsidenten Luis Cabral an die Macht. Pläne für eine Vereinigung mit Kap Verde waren damit hinfällig. „Nachdem die Kapverdianer in den 1980er Jahren hinausgedrängt wurden, kam es zu Verteilungskämpfen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen", erklärt Kohnert. (APA/mka, derStandard.at, 2.3.2009)