In der Nahostpolitik schien am vergangenen Wochenende mehr Bewegung zu sein als in den ganzen acht Jahren der Bush-Regierung zuvor. Vor der Geberkonferenz der Staatengemeinschaft heute, Montag, im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh, zogen Vermittler ihre Runden durch die Region: EU-Außenbeauftragter Javier Solana besuchte Gaza, Israel und Syrien, der neue US-Vermittler George Mitchell Jerusalem und Ramallah. In Kairo mühten sich die verfein_deten Palästinenserfraktionen um Einigkeit. Zur Geberkonferenz schließlich werden die Exponenten des Nahostquartetts, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, US-Außenministerin Hillary Clinton, ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow sowie die EU-Vertreter (Solana und Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner) erwartet.

Die Konferenz hat eine Art Doppelfunktion: Einerseits geht es um humanitäre Hilfe für die leidgeprüften Menschen in Gaza. Nach dem Krieg im Sommer sind nahezu 90 Prozent der rund 1,5 Millionen Einwohner des unter israelischer Blockade stehenden Küstenstreifens auf internationale Versorgung angewiesen. Laut EU kommen nur 200 von 600 Lkws, die nötig wären, um eine notdürftige Versorgung sicherzustellen, derzeit nach Gaza durch. Ferrero-Waldner und der ebenfalls nach Ägypten angereiste österreichische Außenminister Michael Spindelegger haben Israel deshalb aufgefordert, die Blockade umgehend und bedingungslos aufzuheben.

Für den Infrastrukturaufbau forderten die Palästinenser insgesamt 2,2 Milliarden Euro. 436 Millionen davon will die EU aufbringen, 710 Millionen die USA. Das Problem insbesondere in Gaza, wo die von EU und USA als Terrororganisation eingestufte Hamas herrscht, ist, über welche Kanäle die Gelder zu verteilen sind. Israel befürchtet zudem, dass nach einer Öffnung der Grenzen Bauteile für Raketen - jüngst wurde Südisrael wieder aus dem Gazastreifen beschossen - in die Hände der Radikalen gelangen könnten. Israels Noch-Premier Ehud Olmert warnte vor weiterem Raketenbeschuss.

Für Javier Solana soll es bei der Geberkonferenz allerdings auch „einen neuen Anstoß für den Friedensprozess" geben. Das Problem dabei ist, dass beide Streitparteien derzeit mehr mit sich selbst beschäftigt sind als mit Friedensinitiativen. Der designierte israelische Premierminister Benjamin Netanyahu schafft es nicht, eine tragfähige Koalition zu bilden. Die in ein Dutzend Fraktionen zersplitterten Palästinenser haben sich bisher ebenfalls nur vage bis Ende März auf eine Einheitsregierung einigen können. Den Vermittlern fehlen damit die Ansprechpartner.

„Prozess nicht gefährden"

Dazu kommt, dass Netanyahu das bisherigen Friedensplänen zugrunde liegende Zwei-Staaten-Prinzip ablehnt. Sowohl USA wie EU forderten den Likud-Politiker auf, von dieser Position abzugehen. Spindelegger ergänzte, dass Israel alles unterlassen möge, was einem Friedensprozess zusätzlich schaden könnte, er erwähnte explizit die völkerrechtswidrige israelische Besiedlung der besetzten palästinensischen Gebiete. In den USA wird über neue Ansätze nachgedacht. Nathan Brown vom Carnegie Endowment in Washington meint, es sei „Zeit für einen Plan B". Israel (und die USA) sollten ihre Gespräche mit der Hamas auf eine offizielle Ebene heben. (Christoph Prantner aus Sharm el-Sheikh/ DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2009)