Das Programm von Tricky Women 09 ist inhaltlich so vielfältig wie die gezeigten Darstellungsformen: Ob politisch, introspektiv, wild, laut oder zurückgenommen, gekritzelt, geklebt, 3D-grafisch oder Stop Motion - von 5. bis 9. März können BesucherInnen im Top Kino Achterbahn durch Animationswelten fahren.

Foto: Seto Momoko/Tricky Women

175 Trickfilme von Frauen aus aller Welt laufen insgesamt, 56 davon konkurrieren um den Tricky Women Preis der Stadt Wien, dotiert mit 4.000 Euro. Außerdem winkt einem österreichischen Beitrag der Hubert Sielecki-Preis über 500 Euro. Welchen Film die FestivalbesucherInnen am liebsten hatten, zeigt heuer einmal mehr der Tricky Women Publikumspreis.

Foto: Logo Tricky Women

Der Animationsfilm- und Sound-Pionierin Mary Ellen Bute widmet das Festival ein Tribute: "Seeing Sound". Ihre Arbeiten sind zum ersten Mal in Österreich zu sehen.

Foto: Mary Ellen Bute/Tricky Women

Vera Neubauers "Best OF"-DVD-Kompilation wird im Rahmen des diesjährigen Festivals ebenso wie die neue Online-Filmdistributionsplattform Filmtikki vorgestellt werden.

Foto: Vera Neubauer/Tricky Women

Die Tourneen des Tricky Women-Programms sind auch für feministische bzw. Fraueneinrichtungen interessant: Es finden sich immer wieder für Informationsarbeit geeignete Beiträge, ob sie nun Role Models oder Gewalt gegen Frauen thematisieren.

Foto: Karin Rothe/Tricky Women

Seit 2001 organisiert der Verein Culture2Culture mit äußerst überschaubarer personeller Besetzung das Frauentrickfilmfestival Tricky Women in Wien. "Um gleich klarzustellen: Das ist kein Kinderfestival!", betonen Waltraud Grausgruber und Birgitt Wagner, die Leiterinnen dieser europaweit einzigartigen Kulturveranstaltung, die mittlerweile ein Mal im Jahr internationalen wie heimischen Künstlerinnen aus dem Animationsfilm eine Präsentationsplattform und dem Publikum ein abwechslungsreiches Programm im Top Kino bietet. Die beiden haben im Gespräch mit Birgit Tombor Ein- und Ausblicke auf die Entwicklung des Festivals, aktuelle Herausforderungen und den schwierigen kulturpolitischen Hintergrund gegeben.

Wie bekommt man ein erwachsenes Publikum in ein Trickfilmfestival? Mit dem Klischee, dass Animationsfilm ein Kindergenre ist, haben Waltraud Grausgruber und Birgitt Wagner auch nach fünf erfolgreichen Festivals noch zu kämpfen: "Das ist ein verbreitetes Vorurteil, besonders hierzulande", betont Grausgruber, "Trickfilm ist nicht gleich Kinderfilm! In vielen Ländern werden Trickfilmfestivals veranstaltet, gerade in Großbritannien gibt es da eine starke Tradition – da laufen Animationen im Hauptprogramm." Nur noch in Österreich und wenigen anderen Ländern säße man dem Irrglauben auf, das Genre wäre eines für Kinder: "Wir haben derzeit bewusst noch kein Kinderprogramm, eben weil viele bei Trickfilm an Kinderzeichentrickfilmserien wie 'Tom und Jerry' denken und sich dann gleich nicht angesprochen fühlen. Es ist uns immer noch nicht gelungen, das in den Köpfen richtigzustellen."

Sichtbarmachen von künstlerischen Arbeiten von Frauen

Wenn man sich das Tricky Women Programm ansieht, merkt man schnell, dass das Vorurteil nicht stimmt. Nicht nur, weil auch einige nicht als jugendfrei eingestufte Filme laufen. Es sind politische, gesellschaftsrelevante wie persönliche, innensichtige Arbeiten in allen möglichen Darstellungsformen zu sehen. Dass ausschließlich Filme von Frauen gezeigt werden, hat einen Grund: "Es geht uns um das Sichtbarmachen von künstlerischen Arbeiten von Frauen. Dass sich unser Anliegen auf den Animationsfilm fokussiert hat, hat sich im Laufe entwickelt. Und im Zuge dieser Entwicklung war es uns auch wichtig, dass wir mit 'Tricky Women' ein Label etablieren, das dafür steht", erklärt Wagner. Das Programm von Tricky Women ist aber nicht explizit auf feministische Themen abgestellt. "Wir sind europa- und sogar weltweit die einzigen, die ein eigenes Festival für Frauenanimationsfilme auf die Beine gestellt haben", ergänzt Wagner. Auch die Entscheidung, das Festival Anfang März zu veranstalten, unterstreicht den Fokus: Nicht zufällig findet Tricky Women um den internationalen Frauentag am 8. März statt. Aber der einzige Grund ist das nicht: "Früher musste man aufgrund der weniger zahreichen Filmkopien die Termine der andern Festivals berücksichtigen."

Wie die meisten Genre-Festivals war Tricky Women zunächst biennal angesetzt. "Es war üblich, dass die großen Festivals zweijährig waren, weil der Produktionszeitraum im Animationsfilm doch sehr langwierig und aufwendig war", erklärt Grausgruber. Doch mit der angewachsenen Fülle der Einreichungen, bedingt durch die verbesserten und niederschwelliger zugänglichen Produktionsmöglichkeiten, findet die Schau samt Rahmenprogramm mit Lectures, Party und Get Togethers nun jedes Jahr statt: "Wir haben mittlerweile so viel Material, im Animationsfilm hat sich so viel bewegt", sagt Grausgruber, die schon seit Anfang der 1990er Erfahrung mit Kulturveranstaltungen und deren Organisation hat. Vor Tricky Women hat sie Frauenfestivals organisiert, "Mörderinnen", bis das damalige Team den Animationsfilm entdeckt hat – und dabei geblieben ist. "Es waren feministische Arbeiten, über die wir damals das Genre entdeckt haben", erinnert sich Wagner, "vor allem die von britischen Künstlerinnen – die sind da stark."

Wettbewerb

Die sind auch heuer wieder im Wettbewerb vertreten, bei dem 56 Filme um den Preis der Jury sowie des Publikums konkurrieren. Vier österreichische Beiträge haben das auch geschafft. Andere bemerkenswerte Arbeiten heimischer Künstlerinnen gibt es beim "Österreich Panorama" zu sehen. Über den Gewinnerinnenfilm entscheiden wie immer Filmexpertinnen, heuer die Medienkünstlerin und Lektorin Rosa von Suess, die Direktorin und Gründerin des Hiroshima International Animation Festivals Sayoko Kinoshita sowie die Trickfilmerin Vera Veubauer: "Unsere Jury besteht immer aus einem österreichischen und zwei internationalen Mitgliedern."

Neubauer-Best Of

Neubauer begleitet die Tricky Women schon seit Beginn: "Es gab immer wieder Filme von ihr im Programm. Neubauer macht schon seit den 1970ern Trickfilm, auch zu feministischen und unbequemen Themen. Insofern ist es eine Ehre für uns, dass wir ihre erste und bislang einzige 'Best Of'-Sammlung herausgeben dürfen", freut sich Grausgruber. Der Verkauf der von Ulla Klopf designten Box startet mit Festivalbeginn: "Es ist ein kleines Geschenk, an Vera, an uns, und an die Menschen, die sich für sie intresserien", schwärmt Wagner.

Tribute für eine Pionierin

Ein weiteres Highlight des diesjährigen Festivals ist neben dem New York- und Japanschwerpunkt, einem Animations-Workshop für Einsteigerinnen oder der Schau internationaler Nachwuchstalente von Filmschulen in Russland, Frankreich und einem "Worldwide"-Programm, die große Eröffnungsfeier im Gartenbau: "Darin sehen wir eine Möglichkeit, noch mehr Menschen zu erreichen." Live performen wird die finnische Künstlerin Mia Makela: "Sie arbeitet je nach Stimmung im Kino mit dem Filmsound. Das passt auch gut zu unserer Retrospektive für Mary Ellen Bute, die schon in den 1930ern mit 'Sound and Vision' experimentiert hat," so Grausgruber. Butes Filme sind bei Tricky Women nun zum ersten Mal in Österreich zu sehen. Makela wird zudem bei "connecting animation" im Filmmuseum gemeinsam mit der Medienwissenschafterin Sandra Naumann über das Thema referieren.

Stammplatz

Ansonsten ist das Top Kino in der Rahlgasse der Schauplatz des Filmgeschehens: "Der feinen Atmosphäre dort ist es zu verdanken, dass man leicht Kontakte knüpfen kann. Es gibt keinen VIP-Bereich", sagt Wagner lächelnd. Die meisten Vorstellungen waren in den letzten Jahren ausverkauft: "Aber das Gartenbau würden wir nicht jeden Festivaltag füllen können", meint Grausgruber. "Dafür sind wir zu wenig Mainstream." So bleibe trotz des Publikumsruns der letzten Jahre ein gewisses Bangen, ob die Leute tatsächlich kommen: "Es gibt in Wien ja auch so viel andere spannende Veranstaltungen parallel."

Wunsch nach langfristigen Zusagen

Dass das Interesse am Animationsfilm generell wächst, freut die Organisatorinnen: "Das ist es, was uns am Leben hält. Wir haben ja keine langjährigen Zusagen an Förderungen. Wir wissen jetzt, so kurz vorm Start des Festivals, noch nicht, wie hoch das vom Bund zur Verfügung gestellte Budget tatsächlich sein wird", erklärt Grausgruber. Dieser Umstand mache die Festivalplanung und Kalkulation schwer.

Zwar bekommen manche kulturelle Institutionen jetzt Zusagen für Förderungen auf zwei Jahre – dafür hat die IG Kultur erfolgreich gekämpft, aber: "Davon sind Festivals ausgenommen. Das heißt, wir haben nichts davon." Sollte sich das Team also verkalkulieren, würde Tricky Women im Gegensatz zu anderen Einrichtungen wie Theater nicht entschuldet werden: "Deshalb wäre es gut zu wissen, wieviel Budget wir erhalten, damit wir die Gästepolitik, das Programm, einfach die gesamte Abwicklung besser planen können. Das würde uns viele schlaflose Nächte ersparen." Und dem Team erlauben, den Ausbau der Workshops anzugehen und mehr "Botschafterinnen für das Festival in der Welt" nach Wien holen. Und natürlich weiterhin vielfältiges, buntes Frauenfilmprogramm machen. (bto/dieStandard.at, 2.3.2009)