Foto: Cremer

Wolkenmeere schweben über Berggipfeln, über unendlich weiten Feldern und Siedlungen. Im Detail betrachtet, legen die im Bildband "Over " versammelten Fotografien aber Zeugnis ab von der willfährigen wie auch fahrlässigen, rasant grassierenden Zerstörung der Natur in den USA.

Ambivalente Emotionen evoziert das Betrachten der Fotos. Das entspricht auch der Intention MacLeans. Einerseits sind die Landschaftsaufnahmen von faszinierender, pittoresker Schönheit, andererseits erschrecken die Luftbilder, die ökologische Verwüstungen extremen Ausmaßes zeigen. Begonnen hatte die Dokumentation aufgrund MacLeans eigentlicher Profession als Architektur-, bzw. Landschaftsfotograf. Angesichts diverser Motive, auch in zeitlicher Regelmäßigkeit entstanden, werden Veränderungen wie Erosion, Raubbau an Wasservorräten, Zerklüftungen, Devastierungen präzise dargestellt. Die Natur muss den expansiven menschlichen Erfordernissen, den Anforderungen der Konsum- und Freizeitgesellschaft weichen - von der Rücksichtslosigkeit der Industrie ganz zu schweigen. Mittels der Präsentation willkürlich in die Landschaft gelegter Autobahnen, uniformer Reihenhaussiedlungen, endloser Autokolonnen oder auch bewusst ohne Sicherheitsabstand an orkangefährdeten Küstenabschnitten errichteter Hotelanlagen sowie planloser Straßenausbauten werden die negativen Folgen menschlichen Handelns augenscheinlich.

Oberflächlich besticht die Ästhetik wunderbarer Landschaften. Näher betrachtet, ist die Wirkung anders. Gerade in dieser Ambivalenz liegen Qualität und Mission des Buches. Nonverbal appelliert Alex MacLean eindringlich zur Umkehr, zur Renaturierung. Der American Way of Life wird kritisch hinterfragt. Klar scheint ihm allerdings zu sein, dass sowohl Bewusstseinsprozess als auch Veränderung, global gesehen, wahrscheinlich Utopie bleiben werden. (Gregor Auenhammer, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 28.02/01.03.2008)