Islamabad/Lahore - In Pakistan spitzt sich die innenpolitische Krise weiter zu, die durch die umstrittene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ausgelöst worden ist, Oppositionsführer Nawaz Sharif und dessen Bruder Shahbaz von allen Wahlämtern auszuschließen. Die Polizei musste auch am Freitag wieder mit Tränengas gegen Anhänger der konservativen Muslim-Liga (PML-N) des vormaligen Regierungschefs vorgehen, die aus Protest gegen die Gerichtsentscheidung in der Hauptstadt Islamabad Straßen blockieren wollten. Die Unruhen waren vor drei Tagen ausgebrochen. Der Bruder des Oppositionsführers verlor infolge einer weiteren höchstgerichtlichen Verfügung den Posten des Gouverneurs der Provinz Punjab, die unter die direkte Kontrolle der Zentralregierung gestellt wurde. Die PML-N ist stärkste politische Kraft in der größten pakistanischen Provinz.

Nawaz Sharif hat seine Landsleute aufgefordert, im kommenden Monat an Massendemonstrationen für eine unabhängige Justiz teilzunehmen. Dazu haben Juristen aufgerufen, deren monatelange Proteste zum erzwungenen Rücktritt des langjährigen Militärmachthabers General Pervez Musharrafs im vergangenen August beigetragen hatten. Ein Anwalt von Sharif erhob den Vorwurf, dass Staatspräsident Asif Ali Zardari bei dem umstrittenen Gerichtsentscheid die Hand im Spiel gehabt habe. Bei gewalttätigen Protesten der Opposition waren Donnerstag zahlreiche Menschen verletzt worden. In Islamabad gingen Polizeikräfte mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Hunderte Mitglieder und Sympathisanten der PML-N vor, nachdem diese Barrikaden errichtet und Fahrzeuge in Brand gesteckt hatten. Auch in anderen Landesteilen gab es Kundgebungen.

US-Einfluss

Nawaz Sharif hatte im Vorjahr die Regierungskoalition mit der Pakistanischen Volkspartei (PPP) von Zardari nach dessen Wahl zum Präsidenten verlassen, weil Zardari die Wiedereinsetzung der von Ex-Diktator Musharraf während des Ausnahmezustands entlassenen Richter verzögerte. Zardari beugte sich damit offenbar den Forderungen der USA, die ein Gerichtsverfahren gegen ihren früheren engen Verbündeten Musharraf wegen Verfassungsbruchs nicht wünschten. Die Heimkehr der kurz darauf ermordeten Ehefrau Zardaris und PPP-Vorsitzenden Benazir Bhutto nach achtjährigem Exil war erst möglich geworden, nachdem Musharraf auf Druck der USA Korruptionsanklagen gegen das Paar per Dekret für hinfällig erklärt hatte. (APA/AP)