Ein Freispruch, dreimal 22 Jahre, zweimal 15 Jahre Haft. So lautet das Urteil des UNO-Tribunals für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien gegen einen serbischen Expräsidenten, einen ehemaligen Vizepremier der Bundesrepublik Jugoslawien, zwei ehemalige Generalstabschefs, einen Generaloberst und einen Polizeichef.

Angeklagt wurden sie wegen ihrer Verantwortung für Kriegsverbrechen, Massenmord und Massendeportation von Albanern im Kosovo. In dieser kollektiven Anklage gegen Vertreter der serbischen Staats-, Militär- und Polizeispitze ist das Urteil ausgewogen. Einerseits wird in drei Fällen festgestellt, dass es ein "gemeinsames verbrecherisches Unterfangen" gegeben habe, durch Terror gegen die albanische Zivilbevölkerung die serbische Herrschaft im Kosovo zu stärken. Eine Definition, die nicht strikt von der Verantwortung der Einzelpersonen, sondern vielmehr des Staates ausgeht.

Andererseits ist der Präsident Serbiens zur Zeit der Vollziehung des "verbrecherischen Unterfangens", Milan Milutinovic, freigesprochen worden. Und der frühere serbische Generalstabschef und der Kommandant des Kosovo-Korps haben nicht einmal die maximale Strafe erhalten. Das werden die Albaner im mittlerweile unabhängigen Kosovo wohl mit Bitterkeit aufnehmen.

Zumal das Tribunal in der Begründung des Urteils dargelegt hat, dass es zu den in der Anklage genannten Verbrechen massenhaft gekommen ist, nur dass eben die Kommandoverantwortung nicht eindeutig festzustellen sei. Durch das Urteil werden aber die Gründe für die völkerrechtlich umstrittenen Luftangriffe der Nato auf Serbien sowie die Loslösung des Kosovo von Serbien praktisch gerechtfertigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.2.2009)