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Der ehemalige Notenbanker Jacques de Larosière (re.) stellte zusammen mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso die Vorschläge für die neue Finanzmarktauf-sicht vor.

Foto: Reuters/Yves Herman

Die Finanzaufsicht in Europa soll nach Ansicht einer von der EU eingesetzten Expertengruppe durch zwei neue europaweite Gremien verbessert werden. Den Notenbanken kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

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Brüssel/Frankfurt - Ungeachtet der bedrohlichen Finanzkrise wird in der EU auf absehbare Zeit keine mächtige Superbehörde die Branche beaufsichtigen.
"Ein europäisches System der Finanzaufsicht sollte geschaffen werden. Dieses ESFS sollte ein dezentrales Netzwerk sein" , heißt es in dem Entwurf des Berichts der Gruppe unter der Leitung des ehemaligen Notenbankers Jacques de Larosière, der am Mittwoch in Brüssel vorgestellt wurde. Die bisherige Zusammenarbeit der nationalen Aufseher sei nicht ausreichend, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, heißt es in dem vorliegenden Entwurf weiter.

Als zweites Gremium schlagen die Experten einen "europäischen Rat für systemische Risiken" vor. Diesem sollen Vertreter aller Zentralbanken in der EU sowie der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsbehörden angehören. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) soll den Vorsitz übernehmen. Im ESRC würden alle Informationen zusammenlaufen, um die Stabilität des Finanzsystems zu überwachen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte die Arbeitsgruppe um den ehemaligen IWF-Chef de Larosière im Oktober eingesetzt. Sie sollte eine Reform der grenzüberschreitenden Bankenaufsicht in Europa entwerfen. Denn die Finanzkrise förderte Schwächen der bisher national fragmentierten Aufsicht bei der Überwachung der großen europaweit tätigen Banken zutage.

Rund 70 Prozent des Vermögensbestandes werden von nur 45 Banken beherrscht, wie etwa der französischen BNP Paribas oder der Deutschen Bank. Die Großbanken fordern schon lange eine europäische Aufsicht, weil sie damit die Kosten etwa bei den Berichtspflichten senken könnten.

Das ESFS soll nach dem Vorschlag der Experten ein politisch unabhängiges Organ sein, das bestimmte Aufgaben in der grenzüberschreitenden Aufsicht hätte. Der Aufseher des Heimatlandes einer Bank werde weiterhin erster Ansprechpartner sein.

Das europäische Gremium würde die Umsetzung einheitlicher europäischer Aufsichtsstandards koordinieren und dafür sorgen, dass die Interessen der Aufsicht des Landes, in dem eine Großbank Tochterunternehmen betreibt, gewahrt werden.
Die nationalen Behörden wären weiter für die praktische Aufsicht vor Ort zuständig, heißt es in dem Bericht weiter.

Faule Kredite und Bad Banks

Barrosos Behörde legte auch Leitlinien für den Umgang mit sogenannten faulen Wertpapieren vor. Diese Risikopapiere belasten die Bilanzen vieler Banken in der EU. Kreditinstitute sollen die Risikopapiere offenlegen und nach einheitlichen Kriterien abschreiben, bevor der Staat mit Hilfen einspringt. Die Lasten müssten gerecht geteilt werden. "Steuerzahler müssen dabei geschützt werden" , sagte EU-Währungskommissar Joaquín Almunia.

Brüssel will mit den Regeln verhindern, dass mit der Schaffung von Auffangbecken für die faulen Wertpapiere ("Bad Banks" ) der Wettbewerb in der europäischen Branche verzerrt wird.

Den Mitgliedstaaten wird dabei freigestellt, ob sie Banken verstaatlichen wollen oder Bad Banks einrichten. (mimo, Reuters, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.02.2009)