Wien - Wofür steht die ÖVP, wenn es konkret wird? ÖVP-Obmann Josef Pröll musste sich diese Frage am Aschermittwoch gleich mehrfach gefallen lassen, denn er hatte im ÖVP-Vorstand den Startschuss für eine Programmdiskussion gegeben.
Nun ist Pröll aber auch Finanzminister - und da wird es sehr rasch sehr konkret. Wenn es etwa darum geht, ob seine Partei noch voll hinter der Landesverteidigung stehe - was Pröll mit einen uneingeschränkten Ja beantwortet: „Das Bundesheer ist ein unverzichtbarer Teil der Sicherheitspolitik", sagt der Parteiobmann.

Und ob die ÖVP zur von ihr initiierten Bundesheerreformkommission stehe, deren Vorsitzender ein Prozent des BIP für das Bundesheer gefordert hatte? Da ist es aus mit der Konkretisierung, da spricht nicht mehr der Parteiobmann, da spricht der Finanzminister: „So wie alle anderen Bereiche" hätten sich das Bundesheer und die von ihm hochgeschätzten Soldaten in die Notwendigkeiten des Budgets einzufügen.

Ähnlich lauten die Antworten, wenn es um die Bildung, konkret um die mögliche zusätzliche Stundenbelastung für die Lehrer geht. Über Details des Budgets mag Pröll nicht reden - nur über den Grundsatz der Eigenverantwortung der Minister und den von der ÖVP stets geschätzten „Freiraum" innerhalb von Globalbudgets.

Freiräume soll auch das neue Parteiprogramm abstecken. Aber wie groß diese sein werden, kann Pröll noch nicht sagen. Sein Generalsekretär Fritz Kaltenegger, der sich um die Zukunftsfragen kümmern soll, auch nicht.

Als Knackpunkt hat sich in den ideologischen Diskussionen stets die Frage erwiesen, wie es die Volkspartei mit der gleichgeschlechtlichen Ehe hält, die von linken und liberalen Parteimitgliedern befürwortet wird.

Kaltenegger zum Standard: „Ich glaube nicht, dass die Schwulen-Ehe etwas ist, was im Grundsatzprogramm einer Partei stehen muss. Ich weiß auch nicht, ob sie bei den Grünen drinsteht." Sehr wohl aber werde man sich im Verlauf der Programmdiskussion den Familienbegriff anschauen und was da eigentlich dazugehört.
Basis der Programmdiskussion werde das Wiener Parteiprogramm von 1995 sein, das die ÖVP als eine „Österreich-Partei in Europa" definiert. Es soll mit den Ergebnissen der von Pröll geleiteten und 2007 abgeschlossenen Perspektivengruppe abgeglichen werden. „Das Perspektivenpapier ist nicht die Bibel, es ist auch nicht das Grundsatzprogramm", sagt Pröll, der dem Generalsekretär freie Hand lässt.

Dieser wird zunächst einmal nach Deutschland fahren und sich Input von der CDU holen, die ihre Programmdiskussion schon hinter sich hat. Im Herbst, wenn die ÖVP dann von der technischen zur inhaltlichen Diskussion übergeht, soll es den richtigen Auftakt zur Programmarbeit geben - mit einem Impulsreferat von Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 26.2.2009)