Zur Optimierung der Energiesysteme geht man von Satellitenbildern aus. CORINE Land Cover erfasst Flächennutzung und wertet deren Veränderung aus.

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Grafik Biomassepotenzial in Österreich

Grafik: Der Standard

Theoretisch könnte man die Hälfte des Gasimports aus Russland durch Biomasse ersetzen, würde man die Nutzung verdoppeln. Auf Gemeindeebene umgelegt: 1000 Haushalte, die ausschließlich mit Gas heizen, würden durch den Umstieg auf Biomasse zwei Millionen Kubikmeter Gas einsparen.

Der Nachteil: Biomasse braucht Fläche, mehr als alle anderen erneuerbaren Energieträger. Zu diesem Schluss kommt eine räumliche Abschätzung der Potenziale erneuerbarer Energieträger, durchgeführt vom Research Studio iSpace Salzburg im Auftrag der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). In Oberösterreich, mit über 30 Prozent Anteil an erneuerbarer Energie am Gesamtenergiebedarf in Österreich und der EU führend, wird nun untersucht, welche Grundlagen die Geoinformatik zur Optimierung ländlicher Energiesysteme liefern könnte. Das Projekt wird von iSpace Salzburg mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Garching in St. Roman bei Schärding durchgeführt.

Das kleine Dorf wurde als Testgemeinde für das Forschungsprojekt "Geografische Daten und Methoden als Grundlagen für die Optimierung ländlicher Energiesysteme mit Fokus auf Biomasse" ausgesucht, weil es alle Kriterien erfüllte: Größe (bis etwa 2000 Einwohner), aktive Landwirtschaft mit Ackerbau und Forstwirtschaft, ein noch nicht oder nur im geringen Ausmaß vorhandenes Nahwärme- und Gasnetz sowie Innovationsbereitschaft. Das Modell, basierend auf bestehenden geografischen und statistischen Daten, soll kostengünstige Entscheidungshilfen für die Kommunalpolitik liefern.

Betreut wird das Projekt von Ingrid Schardinger, Forscherin im Research Studio iSpace, die für die einjährige Arbeit ein Stipendium der Friedrich-Schiedel-Stiftung erhalten hat. Schardinger: "Zur Planung, zum Management und zur Evaluierung ländlicher Energiesysteme stehen meist nur Einzelanalysen zur Verfügung, gebraucht werden aber integrative Konzepte." Berücksichtigt werden müssten Energieangebot, Nachfrage, Flächenbedarf und damit verbundene Konkurrenzierung der Lebensmittelproduktion.

Gefragt seien übertragbare, zeitlich und räumlich hoch aufgelöste Modelle, mit denen örtliche und regionale Szenarien ausgearbeitet werden. Kosten, Flächenbedarf und Substitutionspotenzial müssen beinhaltet sein. Wichtig für die Geoinformatikerin: "Das Modell soll ein Energiesystem schnell und einfach abbilden, analysieren, Entwicklungspfade aufzeigen." Berücksichtigt wird die Nutzung von land- und forstwirtschaftlicher Biomasse, Solarenergie und Umgebungswärme zur Strom- und Wärmegewinnung.

Um das Modell übertragbar zu machen, werden bestehende geografische und statistische Daten verwendet: örtliche Kataster, aber auch Datensätze aus dem EU-Programm CORINE Land Cover (Coordinated Information on the European Environment), das digitale Satellitenbilder erfasst und die Flächennutzung und deren Veränderung auswertet. Die räumliche Ansätze sollen mit dem Modellgenerator "Times" verbunden werden, der Energiesysteme analysiert. Am Donnerstag erhält Ingrid Schardinger für ihre Magisterarbeit über Standortevaluierung für Biogasanlagen in Tirol vom Dachverband für Geografische Information (AGEO) den AGEO Award 2008 für die beste Hochschul-Abschlussarbeit im Bereich Geografische Information. (Jutta Berger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. Februar 2009)