Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte Gastgeberin Petra Jenner, seit Februar Chefin von Microsoft Österreich, die Gäste. Dass Frauen im IT-Umfeld genauso wie Männer, wichtige Kompetenzen einbringen, davon ist sie überzeugt. Ihr selbst geht es in der Führung um die Arbeit mit Menschen, ungeachtet des Geschlechts, erklärte sie dem Publikum. Microsoft Österreich hat heuer auch wieder die Auszeichnung "Bester Arbeitgeber für Frauen" im Rahmen des Wettbewerbs "Österreichs Beste Arbeitgeber" gewonnen.

Foto: Ingo Folie

Eveline Moser, Manager Customer & Partner Experience bei Microsoft, schilderte die konkreten Maßnahmen, mit denen Microsoft die MitarbeiterInnen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt: von Home-Offices, über "stay connected"-Netzwerke für Karenzierte bis zu Burnout-Prävention, Shiatsu und Obstkörben.

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Georg Wögerbauer, Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeut bei seinem Vortrag

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"Der Körper ist die wichtigste Ressource und ganz wichtig: er lügt nie." Eine ungewöhnliche Botschaft im Rahmen einer Veranstaltung, bei der sich Führungskräfte zum gegenseitigen Austausch über aktuelle management- und führungsrelevante Themen treffen. Dennoch schien jeder in einer Weise angesprochen, das war an der Konzentration des Publikums deutlich zu spüren. Zum Thema Gesund Sein im Spannungsfeld von Beruf und Familie referierte Georg Wögerbauer, Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie, Experte für Burnout-Prävention und Autor mehrerer Bücher. Gemeinsam mit Microsoft Österreich lud ACM (academic mentoring) zur ersten Zusatzveranstaltung von DER STANDARD Mentoring Circle in dieser Saison, mit derStandard.at/Karriere als Medienpartner.

Wenn das "Ich" keinen Platz hat

"Die Menschen, die zu mir kommen, sind chronisch erschöpft, sie sind wie Hamster im Laufrad", schilderte Wögerbauer, der weiß von wem er spricht, denn er gibt auch Seminare für Führungskräfte. Herausforderungen seien zwar nichts Krankes, nur wenn man aus einer Krise nicht mehr heraus kommt, werde es krank. Der Grund der Erschöpfung: viele hetzen hin und her zwischen ihrer Performance im Job und hohen Ansprüchen im sozialen Leben - ein Dilemma. Doch damit nicht genug. "Aus dem Dilemma wird ganz schnell ein Trilemma - bei dem Versuch auch noch dem "Ich" Platz zu geben", weiß der Mediziner. Er erklärte den Menschen zum "Dreibeiner", der auf den drei Kompetenzen "Ich", soziale und berufliche Kompetenz steht. Was passiert, wenn man plötzlich nur noch auf einem Bein steht und dabei auch noch den Ankerblick verliert, sprich die Augen schließt, machte im Rahmen einer Körperübung gut genug deutlich, wie leicht wir den Halt verlieren können. Und dass wir auch auf zwei Beinen ganz leicht umfallen können, wenn wir gestoßen werden, machte umso nachdenklicher.

Wögerbauer schilderte das Beispiel eines erfolgreichen Top-Einkäufers einer großen Konzerngruppe - geplagt von Schlafstörungen, Unkonzentriertheit und Übergewicht. "Zwischen Berufsstress und familiären Problemen hat er auf sein "Ich" vergessen und das mit Essen kompensiert", so der Mediziner. Ein sehr beliebtes anderes Kompensationsmittel unter Managern sei erfahrungsgemäß auch Alkohol als Tranquillizer - ein nicht zu unterschätzendes Tabuthema. Genau so schwierig werde es, wenn sich jemand nur über den Beruf definiere, wie etwa eine Frau um die 40, der eine langfristige Beziehung im Leben fehlte. "Aber wo bei ihr landen, wenn ein Landeplatz fehlt?", so Wögerbauer.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Der andauernde negative Di-Stress des Gehetzt-Seins bewirkt im Körper einen andauernden Cortisolüberschuss. Die Folgen für die Gesundheit: erhöhte Fettspeicherung, erhöhte Anfälligkeit für Infekte, vorzeitige Alterung der Hirnzellen, Reizbarkeit, Nicht-Abschalten-Können, Durchschlafstörungen und Angst-Panik-Attacken. Die Folgen für Unternehmen: Durch die Abnahme der positiven Endorphine nehmen Schmerzsyndrome zu und gleichzeitig die Krankenstandstage. Das Ansteigen von Krankenstandstagen kann durchaus ein Warnsignal für Burnout sein.

In Phase zwei sackt das Cortisol ab, Autoimmunerkrankungen wie Allergien entstehen, Stress gilt auch als Trigger für Karzinome, es kommt zu neuen Erkrankungen. Depressionen, Angst- und Erschöpfungssyndrome, Burnout, Suchterkrankungen prägen sich aus.

Sinn darf nicht abhanden kommen

Wie aber sichert man sich den nötigen Halt? "Ganz wichtig ist das Wissen, wofür mein Herz klopft, sprich, wofür ich lebe", erläuterte der Experte eine wichtige Zutat dafür. Beim Erstgespräch mit Managern in seiner Praxis erlebe er oft, dass sie keinen besten Freund mehr haben, Sexualität fehlt, weil Freiräume für Zweisamkeit abhanden gekommen sind, oder, dass sich Menschen, die alles haben - Erfolg, Geld, Familie, Selbstbewusstsein - über nichts mehr freuen können. "Der Sinn im Leben ist ihnen abhanden gekommen", so Wögerbauer - mit Konsequenzen, die schnell in psychischen Erkrankungen wie Burnout münden können. Denn nur, wenn man wisse wofür man lebt, könne man "brennen statt verbrennen".

Umgelegt auf den Alltag mag dieser gut klingende Rat etwas spirituell wirken, erscheint aber bei genauerem Hinschauen simpel und gar nicht so abgehoben: "Mit Dankbarkeit, nicht mit Sorgen, jeden Morgen aufstehen, neugierig sein und die Lebenszeit als Geschenk sehen, jedem Tag Wertschätzung entgegen bringen." Das Motto: "Dieser Tag ist der erste vom Rest meines Lebens". Acht Stunden Schlaf sind Laut Wögerbauer übrigens durchaus angebracht bei einem anspruchsvollen Job und auch das Nein-Sagen-Können ist ein wesentlicher Schritt.

Von Burnout zu "reborn"

Wögerbauer erklärte Burnout auch zur Chance für ein geändertes Leben. "Genauso wie bei der Geburt gibt es auch bei Burnout den Point of No Return. Wir dürfen dort nur nicht stecken bleiben", so der Experte. "Krisen sind nur dann gefährlich, wenn ich aus dem Trichter nicht mehr heraus komme." Wichtig ist, dass man in der Situation von etwas oder jemandem aufgefangen wird, dann kann gestärkt daraus hervor gehen." Auffangen könne ein starkes "Ich", ein Lebenspartner oder durchaus auch der Beruf. Vorrausetzung dafür ist aber, dass man sich mit sich selber auseinander setzt, die Ich-Kompetenzen stärkt. Wie man das anstellt? "Lachen - das stärkt das Immunsystem, Genießen, sich beim Essen etwas Gutes tun, denn Genießer werden seltener krank." Klingt einfach, ist es aber nicht - jedenfalls aber eine Erinnerung wert, wenn man sich das nächste Mal wie der Hamster im Laufrad fühlt. (Marietta Türk, derStandard.at, 26.2.2009)