Cartoon: Schopf

Die Wirtschaftskrise bringt nicht nur zahllosen Unternehmen schmerzhafte Einbußen, sondern auch deren Rechtsberatern. Lukraktive Mega-Deals bleiben aus, Klienten achten verstärkt auf die Honorarsätze.

"Wirtschaftsanwälte spüren den Aufschwung als erste und die Krisen zuletzt" , sagt Dieter Spranz, Partner von Wolf Theiss. "Dieser Spruch stimmt nicht zu 100 Prozent, ganz unrichtig ist er allerdings nicht."

Viele seiner Kollegen können ihm da nicht beipflichten. Denn die großen, lukrativen Deals wie Börsengänge und M&A-Transaktionen finden derzeit so gut wie nicht statt. Und viele Klienten achten viel mehr als früher auf die Höhe des Anwaltshonorars. Interessante Mandate erhalten jene Kanzleien, die neben einer hervorragenden Expertise auch mit einem attraktiven Honorarangebot beim "beauty contest" aufwarten können.

"Die Wirtschaftskrise hat eine Tendenz, die ohnehin schon seit längerem spürbar war, noch deutlich verstärkt: Die Mandanten wollen für ihr Honorar einen nachvollziehbaren Mehrwert erkennen können" , sagt Raimund Cancola, Partner bei der Wirtschaftskanzlei enwc. "Oft werden relativ moderate Stundensätze vereinbart, läuft aber die Transaktion wie erhofft, gibt es noch zusätzlich einen Bonus. Auf die Art und Weise wird das wirtschaftliche Risiko immer mehr auf die Anwälte abgestreift."

Noch ein Trend manifestiert sich heute mehr als noch vor einigen Jahren: "Unternehmen wollen absolute Sicherheit bei ihrer Kostenplanung haben" , so Raoul Hoffer, Managing Partner der Wiener Wirtschaftskanzlei Binder Grösswang. "Ohne Prognose, einfach so drauflos arbeiten, das kann heute kaum ein Anwalt mehr." Sehr häufig würden Klienten Pauschalen oder Höchstbeträge ("caps and floors") vereinbaren wollen. In diesem Fall hat der Anwalt und sein Team ein bestimmtes Budget zur Verfügung, kostet seine Beratung mehr als der vereinbarte Betrag, darf er ohne Zustimmung des Mandanten nicht mit seiner Arbeit fortfahren.

Druck bei Transaktionen

Besonders groß ist der Druck auf die Transaktionsspezialisten der großen Wirtschaftkanzleien. Egal ob für Freshfields, Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati (CHSH), Wolf Theiss, Dorda Brugger Jordis (DBJ) oder Schönherr – die M&A- und Kapitalmarktrechtsteams waren bei all diesen Sozietäten die Cashcows. Heute haben sie mit geringer Auslastung zu kämpfen: "Der letzte große Börsengang war die Strabag SE, und das war vor gut einem Jahr" , berichtet Albert Birkner, Managing Partner von CHSH. "Diese Umsatzrückgänge können wir auch nicht durch ein verstärktes Tätigwerden auf anderen Rechtsgebieten wie dem Arbeitsrecht kompensieren."

Verständlich, dass unter diesen Bedingungen um jeden einzelnen Deal mit allen Mitteln gekämpft wird: "Mittelgroße Kanzleien haben in Unterschied zu den großen Lawfirms einen gewichtigen Vorteil" , sagt Cancola von enwc, "sie sind preislich flexibler, weil sie nicht so hohe Overheads zu tragen haben. Wir können uns es leisten, auch einmal 10 oder 20 Prozent beim Stundensatz nachzulassen."

"Wir sicher nicht", antwortet Spranz hingegen, "bei unserer Größe sind die Kosten sehr hoch und unsere Gewinnmarge wesentlich kleiner. Wir können keine Discounts geben. Würde ich den Stundensatz um 10 Prozent reduzieren, wäre der Gewinn gleich um gut 40 Prozent geringer. Uns hat aber auch noch niemand gesagt, wir sollten billiger werden."

Spezialisierung gefragt

Nach dem Preis fragt tatsächlich dann niemand, wenn schnell höchst spezialisiertes Wissen verlangt wird: "Wenn bei Banken der Hut brennt, ist das Honorar überhaupt kein Thema, da sind ganz andere, substanzielle Fragen im Vordergrund" , sagt Gerhard Hermann von Baker & McKenzie. Das bestätigt auch Kollege Cancola, Stundensätze zwischen 400 und 500 Euro seien bei derart diffizilen Causen durchaus üblich.

Davon können Anwälte wie Andreas Bauer, Partner der Kanzlei Braunegg Hoffmann und Partner, nur träumen. Vier Partner und zwei weitere Anwälte betreuen für Stundensätze zwischen 200 und 300 Euro ihre Klientel, die sich zum ganz überwiegenden Teil aus Klein- und Mittelbetrieben zusammensetzt. Von einem Rückgang des Geschäftes oder gar mühsamen Honorarverhandlungen merken sie dafür rein gar nichts.

"Wir sind das, was von den Großen oft geringschätzig als Middle-Market-Firm bezeichnet wird", sagt Bauer. "Unsere Mandanten betreuen wir zum überwiegenden Teil schon jahrzehntelang als Hausanwalt in allen Rechtsfragen. Da gibt es eine Vertrauensbasis, die keiner wegen ein paar Euro mehr oder weniger gefährden würde."

Allerdings sei seine Arbeit mit der eines Anwalts in einer Lawfirm nicht zu vergleichen: "Wenn mich ein Mandant fragt, ob er einen Mitarbeiter kündigen kann oder nicht, dann bekommt er das prompt auf einer Seite beantwortet. Ich würde nie auf die Idee kommen, ihm ein zehnseitiges Gutachten zuzumuten, geschweige denn eine Lawine von Stunden dafür zu verrechnen" , so Bauer. Mit einem Umsatzrekord 2009 rechnet allerdings auch er nicht. (Judith Hecht, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.02.2009)