London/Wien - Die Polizei in Großbritannien bereitet sich nach Angaben der britischen Tageszeitung "The Guardian" auf einen "Sommer des Zorns" vor, weil sie vermehrt Demonstrationen von Opfern der Wirtschaftskrise befürchtet. Es würden vor allem Proteste gegen Finanzinstitute erwartet, wie die der "Guardian" und andere britische Medien am Montag berichteten. Vor allem im Hinblick auf den G-20-Gipfel im April in London werden zahlreiche Proteste vorausgesagt.

Gerade Menschen aus der Mittelschicht, die bisher keine Beteiligung an Demonstrationen in Erwägung gezogen hätten, könnten in diesem Jahr bei Protesten ihrem Ärger freien Lauf lassen. Das erklärte Polizeipräsident David Hartshorn, der die Abteilung "Öffentliche Ordnung" der Londoner "Metropolitan Police" leitet, gegenüber dem "Guardian". Die Polizei befürchtet aufgrund von Geheimdienst-Berichten, dass "bekannte Aktivisten" die Wirtschaftskrise nutzen könnten, um Unruhe zu stiften und neue Demonstranten zu rekrutieren.

"Brauchbare Zielscheiben"

Vor allem Banken, die trotz Staatshilfen in Milliardenhöhe noch hohe Boni auszahlten, seien zu "brauchbaren Zielscheiben" geworden, so der Polizeichef. Auch die Hauptsitze multinationaler Konzerne und andere Finanzinstitute in London, die für die Krise mitverantwortlich gemacht werden, gehörten dazu. Zudem habe sich die Stimmung bei Demonstrationen in letzter Zeit verändert. Aktivisten würden vermehrt auf die Straßen gehen, "um die öffentliche Ordnung zu stören".

Der G-20-Gipfel Anfang April in London könnte laut Hartshorn der Start für einen anstrengenden Sommer für die Polizei sein. Auf einigen Internetseiten von Aktivisten würde das Treffen der weltweit wichtigsten Industrie- und Schwellenländer als Höhepunkt dessen, was sie als einen "Sommer des Zorns" sehen beworben werden.

Die Warnungen wurden laut dem Zeitungsbericht vor dem Hintergrund gewalttätiger Proteste in Europa gegen den Umgang mit der Wirtschaftskrise ausgesprochen. In letzter Zeit war es unter anderem zu Straßenblockaden griechischer Bauern, zu Arbeiter-Demonstrationen in Frankreich und Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei in Island gekommen. In Großbritannien waren Anfang Februar hunderte Arbeiter von Kraftwerken, Atomanlagen und Ölraffinerien gegen den Einsatz ausländischer Arbeiter auf die Straße gegangen. (APA)