Als die in den 80er-Jahren noch im Staatsbesitz befindliche Stahlindustrie an der Mur und an der Donau in eine schwere Krise geriet, zahlten Bund und von der ÖVP geführte Länder mehrere Milliarden (Schilling) in marode Strukturen. Damals ging es nicht nur um eine Verlangsamung der Arbeitsplatz-Verluste, sondern auch um die Jobs rund herum: Zulieferfirmen, Gewerbe, Kaufhäuser. Frei nach Keynes: Um den Absturz zu bremsen oder abzufedern, braucht man viel Geld. Man musste den Konsum öffentlich subventionieren.

So ist es auch heute. Im österreichischen und im globalen Wettbewerb gibt es eine Rückkehr zur Wirtschaftstheorie von Keynes. Jene Thesen der "Chicago-Boys", die wiederum auf Theorien des Österreichers Hayek fußten, haben ausgedient, die Privatisierung als politische Waffe ist veraltet, gehört zum Altpapier.

Dabei schien alles so plausibel. Margaret Thatcher, die europäische Heroin von "reaganomics" , privatisierte nach ihrem Sieg über die Gewerkschaft der Bergarbeiter in den Jahren 1984 und 1985 nacheinander die Telekommunikation, die Stahlindustrie, die Eisenbahnen und die Wohnungen in Staatsbesitz. Allein, der theoretische Anspruch, mit den Privatisierungen die damals gigantische Arbeitslosigkeit zu beheben, gelang zwar praktisch. Die bis dahin starre britische Wirtschaft erlebte einen Aufschwung.

Der politische und soziale Preis allerdings war hoch. Der Wechsel von der "sozialen Marktwirtschaft" (=Funktionärswirtschaft) zu einer "Wirtschaft der "share-holder" kippte bald ins andere Extrem. Die Vorstellung einer solidarischen Gesellschaft wurde durch die Realität der "Ich-Kultur" ersetzt. Eine neue Form des Sozialdarwinismus gewann die Oberhand - "survival of the strongest and hottest".

Mit der üblichen Verspätung eroberte der Thatcherismus auch Österreich. Der notwendige Beitritt zur EU war andererseits die Voraussetzung, dass Wolfgang Schüssel mit seinem "Mehr privat, weniger Staat" das Land in die Gefilde des Neokapitalismus führte. Ab dem Jahr 2000 war Jörg Haider sein kongenialer Partner. Zwei Egomanen setzten fort, was Thatcher begonnen hatte.

Nur, es endete ähnlich. Thatchers Privatisierungen strandeten wegen schwerer struktureller Fehler und falscher Management-Entscheidungen. Österreichische Parade-Privatisierungen (die eigentlich Ausgliederungen mit Staatsanteil waren) scheiterten an der Parteipolitik. Getoppt durch Fantasiegehälter, Boni und Super-Abfertigungen. Keine Konsequenzen bei Abstürzen.

Dazu die in Österreich nicht ausrottbare Problematik: Waren in den 70er- und 80er-Jahren die Proporz-Besetzungen und Ämterkumulierung mit schuld am Niedergang der Staatsindustrien, so sind es heute die von Kanzlern und Finanzministern ohne unternehmerische Erfahrungen inszenierten Fehlbesetzungen der Spitzenfunktionen - zum Beispiel bei ÖBB und AUA.

Jetzt, in der Krise, wechseln die Konservativen erneut ihre Ideologie - von Hayek zu Keynes. Man buttert Milliarden in Banken und Wirtschaft - um letztlich das Publikum bei Kauflaune zu halten. Doch was ist diesmal der Preis? (Gerfried Sperl, DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2009)