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Seidenraupen bei der Produktion nicht-veganer Bekleidung

Foto: APA/EPA/Diego Azubel

Cambridge/Aachen - Schon um 2450 vor Christus kannten die Hochkulturen auf dem indischen Subkontinent das Geheimnis der Herstellung von Seide: Das behaupten Archäologen der Harvard University, die Seidenfasern auf Schmuckobjekten aus altindischen Städten entdeckten. Dies stellt nicht nur den ältesten Seidenfund außerhalb Chinas dar, sondern fordert in gewisser Weise auch Chinas Nationalstolz heraus. Denn das früheste dokumentierte Vorkommen der Faser im Reich der Mitte ist mit einem Alter von 4.570 Jahren kaum älter. Zudem ist dadurch die weit verbreitete Vorstellung, die Seidenraupenzucht sei eine rein chinesische Erfindung, in Frage gestellt.

Die Forscher berichten über ihre Entdeckung in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Archaeometry". Demnach hefteten die Seidenfasern an Kupferhalsketten und Armreifen aus Speckstein, die bereits vor zehn Jahren in den historischen Indus-Städten Harappa und Chanhu-daro im heutigen Pakistan gefunden wurden. Aufgrund der großen Menge an Fundobjekten war die genaue Untersuchung erst jetzt erfolgt.

Seide von unterschiedlichen Insektenarten

Die Feinstruktur der Fasern zeigte unter dem Elektronenmikroskop die charakteristische Form, die nur Seidenspinner den Fasern verleihen. Allerdings stammen die in Harappa gefundenen Seidenfäden nicht von der in China am häufigsten gezüchteten Seidenspinner-Art Bombyx moris, sondern von einer südasiatischen Schmetterlingsspezies aus der Gattung Antheraea, während der Ursprung der Seide aus Chanhu-Daro weniger eindeutig ist.

"Die Seide aus Harappa scheint durch einen Aufrollprozess hergestellt worden zu sein. Dabei werden die Fäden auf einer Spule gesammelt statt in kurzen Segmenten zu einem Garn verkettet zu werden", erklärt Studienautorin Irene Good. Bisher glaubte man, dass diese Methode der Seidenerzeugung in der Frühzeit nur in China beheimatet gewesen sei. Nun scheint der Beweis erbracht, dass dieses Wissen doch weiter verbreitet war. "Entweder züchteten die Zivilisationen am Indus selbst Seidenspinner oder sie handelten mit Menschen, die dies taten. Jedenfalls wussten sie einiges über Seide", so die Archäologin.

Die Therorie, dass Seide durch chinesische Händler nach Indien gekommen sein könnte, schließt der Aachener Archäologe Michael Jansen jedoch aus. "Die frühen Kulturen am Indus handelten zwar mit Mesopotamien, jedoch nicht mit China", so der Indienspezialist. Zur besagten Zeit seien die Völker am Indus schon weiter fortgeschritten gewesen als in China, wo sich erst viel später eine Hochkultur entwickelte. Die Indus-Kulturen seien jedoch um das Jahr 1800 vor Christus zugrunde gegangen, was das Ende ihrer Traditionen bedeutete. (pte/red)