Aus der Sammlung Albert Benbassat: "Erlegter Hirsch"

Foto: Katalog

Wien - Die "Jubiläumsauktion" im Kinsky am 24. Februar wird von einem neuen Fall von NS-Raubkunst überschattet: Als Los Nummer 6 bietet das Auktionshaus, das sein 15-jähriges Bestehen feiert, im Katalog das Ölgemälde "Erlegter Hirsch mit drei Adlern" von Friedrich Gauermann mit einem Schätzpreis von 100.000 bis 150.000 Euro an.

Das Bild stammt, wie die Provenienzforscherinnen Sabine Loitfellner (Israelitische Kultusgemeinde) und Sophie Lillie herausfanden, aus der Sammlung von Albert und Ella Benbassat. Der aus Rumänien gebürtige Bankier besaß zwei Miethäuser in Wien, eine Villa in Baden sowie eine respektable Kunstsammlung. Im August 1938 flüchteten die Benbassats mit ihren beiden Söhnen nach Polen. Anfang 1939 initiierte die Allgemeine Versicherung Actien Gesellschaft Victoria basierend auf der "Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens" vom 3. Dezember 1938 die Zwangsversteigerung der Liegenschaften Lugeck 1 und 2.

Am 31. März und 1. April 1939 kamen in der 455. Kunstauktion des Dorotheums 20 Werke, die den Benbassats gehört hatten, zur Versteigerung, darunter zehn Bilder von Gauermann - so auch der "Erlegte Hirsch mit drei Adlern". Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckte Ella Benbassat einen Gauermann im Hotel Sacher. Es kam zu einer einvernehmlichen Lösung: Das Bild wurde verkauft, der Erlös geteilt. Von den übrigen Werken hingegen fehlte jede Spur.

Bei Durchsicht des Kinsky-Katalogs fielen auch dem Art Loss Register in Köln und dem Dorotheum die unvollständige Provenienzangabe auf: Beide Seiten machten Geschäftsführer Otto Hans Ressler aufmerksam. In der Folge kam es zu einem Gespräch mit Robert Brande, dem Anwalt der Bebassat-Erben; da man sich nicht hätte einigen können, trat das Kinsky, wie Ressler gegenüber dem Standard erklärt, vom Auktionsvertrag zurück: Dem Einbringer wurde das gesuchte Gemälde zurückgegeben.

Es ist im Kunsthandel wohl bekannt: Giese & Schweiger hatten es Mitte März 2008 bei der Kunst- und Antiquitätenmesse in Salzburg angeboten - um stolze 240.000 Euro. Laut Herbert Giese habe ein guter Kunde das Bild erworben und kürzlich beim Kinsky eingebracht. Der Kunsthändler bot seinem Kunden nun an, das Geschäft rückabzuwickeln. Er selbst würde sich danach bei jenem Händler, von dem er es einst erwarb, schadlos halten.

Dass die Erben der rechtmäßigen Besitzer durch die Finger schauen könnten, glaubt Ressler nicht: Da der Fall durch den Standard publik gemacht werde, könne künftig niemand mehr einen Gutglaubenserwerb tätigen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 21./22.02.2009)