"Das Risiko in den Oststaaten halte ich für durchaus überschaubar", meint Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad im Gespräch mit Hans Rauscher. Ob Raiffeisen es in Osteuropa übertrieben habe, beantwortet Konrad mit: "Wir haben uns nicht übernommen." Man sei jedoch "viel, viel vorsichtiger" geworden: "Wir haben die Kreditvolumen in jenen Ländern, in denen es möglicherweise schwierig wird, zurückgefahren." Insgesamt vertraut Konrad auf die europäische Solidargemeinschaft, "die sie aus ureigenen Interesse nicht fallen lassen kann." Die EU werde ihren osteuropäischen Mitgliedern helfen müssen. Die Ablehnungsfront habe längst zu bröckeln begonnen. "Es geht um die gesamte Wirtschaft in diesen Ländern und auch bei uns zu Hause", so Konrad und man habe nicht vor, sich zurückzuziehen: "Der Markt ist da, die Menschen sind da, die Grundbedürfnisse sind da. Da wollen wir dabei sein."

Konrad plädiert dafür, trotz Krise weiterhin auf Osteuropa zu setzen: "Das sind die Märkte, die aufgebaut werden müssen, daher ist es uns nicht egal, wer dort investiert." Das strategische Interesse Österreichs für Konrad: "Wir wollen nicht, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs dort die kommunistischen Systeme wieder kehren."

"Keine Verstaatlichung"

"Raiffeisen wird nicht verstaatlicht – entgegen anders lautenden Gerüchten im vierten Quartal", hält Konrad fest. Diese Gerüchte hätten international und da besonders in Großbritannien ihren Ausgang genommen und zu zahlreichen Anfragen in Österreich geführt. "Das schlägt sich mit dem System der freien Genossenschaften" so Konrad "und hat mich damals zur Aussage bewogen 'nur über meine Leiche', auch auf die Gefahr hin, Leute auf eine Idee gebracht zu haben". Die Inanspruchnahme einer Staatshilfe zur eigenen Risikovorsorge habe mit Verstaatlichung nichts zu tun: "Der Staat hat keinerlei Einfluss auf die Geschäftspolitik." Bei der "Überbrückungshilfe" durch den Staat sei man in der Endphase der Verhandlungen: "Das ist eine eiserne Reserve, wenn weitere schlechte Entwicklungen in mehreren Staaten eintreten." Wovon Konrad jedoch nicht ausgeht.

"Kreditklemme gab es nicht"

Insgesamt sei die Tatsache, dass der Staat den Banken Hilfe angeboten habe "für die gesamte Wirtschaft wichtig und richtig, damit wieder Ruhe und Vertrauen in den Geldverkehr einzieht." Eine Kreditklemme - wie sie wiederholt von Medien und Unternehmen konstatiert wird – "gab es aus unserer Sicht nicht", sagt Konrad: "Dass schärfer geprüft wird, liegt in der Natur der Sache und auch im Interesse der Sparer."

Lob für Regierung, kein Interesse am ORF

Für die Maßnahmen der Regierung in Zeiten der Finanzkrise - wie zum Beispiel die Osteuropa-Tour von Vizekanzler Pröll - findet der Raiffeisen-Boss lobende Worte. Zu den jüngsten Vorwürfen von FPÖ-Chef Strache ("Raiffeisen ist in Staat im Staat") will Konrad keinen Kommentar abgeben. Zur Kritik an der Medienverflechtung des Raiffeisen-Konzerns hält er jedoch fest, kein Interesse am ORF zu haben: "Da haben wir keine Ambitionen."

Gegenfrage

Das ausführliche Gespräch zwischen Rauscher und Konrad verlief durchwegs ruhig. Lauter wurde es erst bei der Gegenfrage an den Journalisten, wobei Konrad wissen wollte, warum die Medien dazu tendieren, negative Botschaften zu verbreiten. Die Antwort findet sich im obigen Video. (rb, rasch, derStandard.at, 20.2.2009)