Wien - Der Prozess vor dem Kriminalgericht in der irakischen Hauptstadt Bagdad gegen den Schuhwerfer Montasser al-Saidi (Muntazer al-Zaidi) ist am Donnerstag kurz nach der Eröffnung auf den 12. März vertagt worden. Grund seien verfahrenstechnische Fragen, sagte der Präsident des Strafgerichts, Abdul-Amir al-Rubaie. In Absprache mit dem Büro des Regierungschefs müsse geklärt werden, ob der Besuch von US-Präsident George W. Bush im Dezember ein offizieller war. Unterdessen hat der Angeklagte nach Angaben des Schweizer Anwalts Mauro Poggio in der Schweiz um politisches Asyl angesucht.

Saidi hatte bei dem Abschiedsbesuch von Bush in Bagdad am 14. Dezember seine beiden Schuhe in Richtung des scheidenden US-Präsidenten geworfen und dabei gerufen: "Dies ist dein Abschiedskuss, du Hund!" Dem 30-jährigen Fernsehjournalisten wird "Aggression gegen den Präsidenten eines ausländischen Staates" vorgeworfen. Er muss mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen. Bush konnte sich ducken und wurde nicht getroffen, der symbolische Angriff wurde aber in der arabischen Welt als schwere Beleidigung des Politikers verstanden. Mitschnitte der Szene sorgten für Furore, Saidi wurde vor allem in der arabischen Welt als Volksheld bejubelt. Der Schuhwurf gilt aus Ausdruck des Protests gegen die US-Invasion. Tausende Menschen demonstrierten für Saidis Freilassung.

Gefeierter Held

Auch zum Auftakt des Prozesses wurde der Angeklagte als Held gefeiert. Mitglieder seiner Familie jubelten ihm am Donnerstag lautstark zu und legten ihm eine irakische Nationalflagge um die Schultern, als er das Gerichtsgebäude in Bagdads streng gesicherter "Grüner Zone" betrat. Er wurde in Handschellen und umringt von Sicherheitskräften im Gericht vorgeführt.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit seiner Verhaftung am 14. Dezember 2008 erklärte Saidi, er habe weder Bush verletzen noch den irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki in eine peinliche Lage bringen wollen. "Was mich angetrieben hat, war die Demütigung des Iraks durch die US-Besatzung und die Ermordung unschuldiger Menschen", sagte der Angeklagte. Er habe den Stolz der Iraker auf jede nur mögliche Weise, abgesehen vom Einsatz von Waffen, wiederherstellen wollen, erklärte er vor den drei Richtern.

Bush habe bei seinem Besuch in Bagdad im Dezember von Erfolgen der USA im Irak gesprochen, während Saidi selbst an eine Million Tote, vergossenes Blut, Razzien in Moscheen, vergewaltigte Irakerinnen und erniedrigte Iraker habe denken müssen. "Ich war vom Zorn überwältigt, ich habe nur noch ihn gesehen" erklärte der für den privaten Fernsehsender Al Bagdadiya arbeitende Saidi.

Bis zum nächsten Termin am 12. März will das Gericht durch Ministerpräsident al-Maliki klären lassen, ob Bush zum Zeitpunkt der Attacke zu einem offiziellen Besuch in Bagdad war. Falls das Gericht die Attacke auf eine "tätliche Beleidigung" herabstuft, drohen dem Angeklagten statt der möglichen 15 Jahre maximal fünf Jahre Haft.

Saidis Verteidiger hatten bereits im Vorfeld des Prozesses versucht, die Anklage wegen "Aggression gegen den Präsidenten eines ausländischen Staates" auf den Vorwurf einer Beleidigung reduzieren zu lassen. Ihrem Antrag war jedoch nicht stattgegeben worden. Nach ihrer Einschätzung hätte der Journalist Bush mit seinen Schuhen nicht ernsthaft verletzten können. "Unser Team hat viele Argumente, die für Saidi sprechen, das wichtigste aber ist, dass er Bush nicht töten wollte", sagte der Anwalt Dija al-Saadi. Ein anderer Anwalt sagte, bei dem Schuhwurf habe es sich um eine spontane Aktion gehandelt, Saidi habe nicht vorsätzlich gehandelt. Die Verteidiger wollen erreichen, dass die Anklage fallengelassen und Saidi auf freien Fuß gesetzt wird. Rund 25 Anwälte sind für ihn im Einsatz.

Saidi hat nach Angaben des Schweizer Anwalts Mauro Poggia in Schweiz politisches Asyl beantragt. Der Anwalt habe am Mittwoch im Namen seines Klienten bei der Bundeseinwanderungsbehörde einen Asylantrag eingereicht, sagte Poggia laut der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Saidi wolle sich in Genf niederlassen. (APA/AP/dpa/Reuters)