Wien - Yüksel Grohs' Eltern wollten in Österreich eigentlich nur zehn Jahre lang arbeiten und danach wieder zurück in die Türkei gehen. Heute, 33 Jahre später, ist die Familie immer noch da: Grohs ist beruflich erfolgreich, noch dazu in einem männerdominierten Beruf - bei der Polizei. Die Chefinspektorin lehrt im Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive in_Wien. „Aus einer Gastarbeiterfamilie ist eine österreichische mit Migrationshintergrund geworden", sagte die Polizistin am Mittwoch in der Wiener Hofburg. Die einzige erfolgreiche Zuwanderin war sie beim Empfang von Bundespräsident Heinz Fischer aber bei weitem nicht. Dieser präsentierte mit den Leitern der Initiative „A Letter to the Stars" und prominenten Migranten aus Medien, Wirtschaft, Mode und Sport das Folgeprojekt „projektXchange".

Die Idee ist, erfolgreiche und interessante Persönlichkeiten mit Migrationshintergrund in Schulklassen zu bringen. Dabei soll es aber nicht um eine Promi-Beschau gehen. „Die Schüler werden sich mit dem Herkunftsland ihres Gastes auseinandersetzen", sagt Peter Rabl, Sprecher der Initiative. Die Stars sollen im Gespräch mit den Jugendlichen Vorurteile, Konflikte und Ängste vor und mit Ausländern abbauen. Außerdem sollen die Schüler das „Fremde ums Eck" kennenlernen und mit ihren Lehrern Flüchtlingsheime, Moscheen und anderes „Fremde" in ihrer Nachbarschaft besuchen.

Idee von Holocaust-Opfern

Die Anregung zu dem Projekt kam von den ersten Teilnehmern an „A Letter to the Stars", den Opfern des Holocaust. Diese schlugen vor, noch bevor Ressentiments gegen „Andere" Ausmaße wie vor 70 Jahren annehmen, mit positiven Beispielen gegenzusteuern. Zur Erinnerung: 2003 ins Leben gerufen, ging es bei „A Letter to the Stars" darum, die Geschichten von Holocaust-Überlebenden zu recherchieren. Seit damals machten mehr als 50.000 Schüler an dem Zeitgeschichteprojekt mit. Im vergangenen Jahr wurden 240 von den Nazis Vertriebene nach Wien eingeflogen. Nicht zuletzt deswegen erntete das Projekt Kritik von jüdischen Organisationen, Historikern und den Grünen. Die Aktion habe „ein Stück Charakter von Shoah-Business", lautete der Vorwurf.

Allein in Wien interessieren sich laut Veranstaltern schon 70 Schulen für „projektXchange". Der Austausch soll schon in den kommenden Monaten beginnen. (Marijana Miljkoviæ, DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)