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Stundenlang hielt am Mittwoch ein 55-jähriger Steirer eine deutsche Autostopperin als Geisel fest. Beamte der Sondereinheit Cobra verhandelten seit dem Vormittag mit dem Verdächtigen, der damit drohte, sich in die Luft zu sprengen

APA/Markus Leodolter

St. Marein im Mürztal - „Eigentlich war er immer recht fröhlich", sagt Daniela. Die Teenagerin spricht über jenen 55-Jährigen, der sich am Mittwochmorgen in seiner Mietwohnung in St. Marein im Mürztal verschanzt und eine deutsche Autostopperin als Geisel genommen hat.

Mittwochabend steht sie vor dem Tanzcafé Cori und erzählt Reportern, was sie von ihrem Nachbarn weiß. Dass er selten Besuch bekommen habe, dass er oft weg gewesen sei - „auf Montage", habe es geheißen. Probleme habe es nie gegeben - bis sie um 16 Uhr von der Arbeit heim und nicht mehr in ihre Wohnung kam. Die Polizei hatte das Gebiet und das Mehrparteienhaus großräumig abgesperrt.

Gegen acht Uhr soll der Schweißer eine deutsche Autostopperin in seine Gewalt gebracht haben, erklärte der Verdächtige dem Verhandlungsteam Süd des Einsatzkommandos Cobra am Telefon.
Ob es die Geisel überhaupt gibt, war aber bis in die Nacht unklar. Eine weitere Drohung nahm die Exekutive sehr ernst - dass er sich mittels mehrerer Propangasflaschen in die Luft sprengen wollte.

Bewohner evakuiert

Das gegenüber liegende Seniorenheim „Zirbenhof" mit 45 Bewohnern wurde evakuiert, die Menschen wurden in einen Kindergarten und eine Schule gebracht. Und auch aus weiteren umliegenden Häusern wurden die Bewohner in Sicherheit gebracht.

Das Motiv des Mannes blieb bis in die Abendstunden nebulös. Er fühlte sich von der Justiz ungerecht behandelt, erklärte Alexander Gaisch von der Sicherheitsdirektion Steiermark. Der genaue Grund dafür blieb ebenso unklar wie eine andere Aussage des _55-Jährigen. Er habe zunächst eine bestimmte Person kidnappen wollen, ob diese mit seiner Wut in Verbindung steht, war vorerst nicht bekannt.

Jedenfalls sorgte es bei der Exekutive für Besorgnis, dass der Verdächtige die Beamten zunächst nicht mit der Geisel sprechen lassen wollte.
Stattdessen verwies der Mann mehrmals darauf, dass er „Gerechtigkeit" wolle, schilderte Gaisch. Offenbar war der Mann bereits längere Zeit mit Polizei und Justiz im Clinch gelegen, dem Vernehmen nach soll er vorbestraft sein.

Als wirklich gewalttätig galt er jedoch vor Ort nicht, wenngleich er als Querulant angesehen wurde. Er habe aber bereits in der Vergangenheit mehrere Briefe, unter anderem an den steirischen Landeshauptmann Franz Voves sowie an Bundespräsident Heinz Fischer, verfasst.
Für die Sondereinheit Cobra seiein derartiger Einsatz jedenfalls nicht Alltag, erklärte Kommandant Bernhard Treibenreiff dem Standard. „Wir hatten im vergangenen Jahr insgesamt sieben Geisellagen", sagte er.

Dass die Einheit angefordert wurde, weil sich Verdächtige verschanzt hatten und mit Gewalt drohten, kam dagegen weit öfter vor. „Wir mussten zu 757 Fällen fahren, dabei haben wir 405 Festnahmen durchgeführt." (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)