ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will seinem Stiftungsrat am 2. April ein Zukunftskonzept vorlegen, "das aus rationaler Sicht und gestützt auf rationale Argumente unumstritten" sein sollte. Die in Teilen der ORF-Mannschaft vorherrschende Ansicht, dass die Zukunft der Geschäftsführung nicht vom Strategiepapier abhängt, sondern die vorzeitige Ablöse des ORF-Direktoriums bereits auf Regierungsebene paktiert wurde, teilt Wrabetz nicht: "Ich gehe davon aus, dass die Stiftungsräte ihre Arbeit sehr ernst nehmen und das Konzept objektiv bewerten", sagte er.

Zu der am Dienstag im Nationalrat einberufenen Sondersitzung, bei der es unter anderem um das Thema ORF geht, und zur Befürchtung der Oppositionsparteien, dass die Regierung derzeit die Neubesetzung von Führungsposten im ORF ausdealt, wollte Wrabetz nichts sagen: "Kein Kommentar zu Regierungsgerüchten." Auf die Frage, ob ihn die Zurufe seitens der Politik - wie zuletzt von Bundeskanzler Werner Faymann - bei seiner Arbeit stören, meinte der ORF-Chef nur: "Was der Bundeskanzler sagt, muss man immer sehr ernst nehmen."

"Wasserdichtes Konzept"

Ziel des Generaldirektors ist es, dem Stiftungsrat am 2. April ein bereits im Vorfeld in den Gremien diskutiertes, wasserdichtes Konzept vorzulegen. Zunächst finden am 23. und am 25. Februar Sonderausschüsse statt, bei denen unter anderem alle ORF-Direktoren einen Zwischenstand ihrer strategischen Überlegungen präsentieren und zur Diskussion stellen werden. Das hatte der Stiftungsrat in seiner Dezembersitzung beschlossen, um sich auch selbst in die Ausarbeitungsphase des Zukunftskonzepts einbringen zu können.

Am Dienstag haben die Mitglieder des Finanzausschusses ihre Vorbereitungsunterlagen erhalten, auf deren Basis die grundsätzliche Debatte starten soll. Zur Verwunderung einiger Stiftungsräte enthielten die Unterlagen ausschließlich bereits veröffentlichte Papiere. Neben dem Medienkapitel aus dem Regierungsprogramm und dem neuen deutschen Rundfunkstaatsvertrag, fanden sich die Stellungnahme des ORF zum Rechnungshofbericht und Wrabetz' Bewerbungsunterlagen um die Stelle des Generaldirektors aus dem Jahr 2006. Weiters verschickte Wrabetz das Strategiekonzept seines Amtsvorgängers Gerhard Zeiler für die Jahre 1994 bis 98 unter dem Titel "Von der Anstalt zum Multimediaunternehmen".

Küniglberg: Wrabetz will eigenen Sachverständigen bestellen

Auf die Frage, ob er den Stiftungsräten am 2. April einen Umzug vom Küniglberg vorschlagen wird, meinte Wrabetz: "In dieser Sitzung soll es darum gehen, auf welche Kerngeschäfte sich der ORF im Jahr 2015 beschränken und wie er produzieren wird und nicht, in welcher Betonhülle." Trotzdem bekämpft der ORF den unlängst ergangenen Denkmalschutzbescheid zum ORF-Zentrum in Wien-Hietzing. ORF-Anwälte prüfen derzeit den Bescheid, zudem will Wrabetz einen eigenen Sachverständigen bestellen.

Ob Wrabetz trotz Denkmalschutz eine Abwanderung vom Küniglberg vorschlagen wird, steht noch nicht definitiv fest. Fest steht aber, dass eine Sanierung des Roland-Rainer-Baus "sehr kostenintensiv und nicht sendungsfördernd" wäre. Außerdem stelle sich die Frage, wie man die exorbitant hohen Betriebskosten reduzieren kann und ob im ORF-Zentrum am Küniglberg trimediales Arbeiten überhaupt möglich ist. Als das Hauptgebäude 1967 geplant wurde, bestand der ORF aus einem Sender, mittlerweile sind nicht nur weitere Fernseh- und Radiosender dazugekommen, sondern auch der Onlinebereich. (APA)