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Guido Westerwelle will ab Herbst endlich in Berlin mitregieren.

Foto: Getty Images/Rentz

Eines haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, ihr roter Vizekanzler Frank (neuerdings nicht mehr -Walter) Steinmeier und FDP-Chef Guido Westerwelle gemeinsam: Sie alle drei wollen nach der Bundestagswahl im September regieren. Doch Westerwelle unterscheidet sich auch von den beiden Erstgenannten: So vermessen, dass er den Posten des Regierungschefs anstrebt, ist er nicht.

Ihm reicht schon das Amt des Vizekanzlers. Außenminister wäre er zugleich auch gerne - und damit ohnehin am Höhepunkt seiner Karriere. Das schönste für Westerwelle an diesen Träumen: Kaum einer in Deutschland tut sie noch als Fantasie eines mit allzu viel Ehrgeiz Beschlagenen ab. Im Gegenteil: Westerwelle wird ernstgenommen wie selten zuvor und bekam in der Vorwoche einen demoskopischen Ritterschlag, der ihn mit Genugtuung erfüllt: Forsa sieht die FDP in einer Umfrage erstmals bei 18 Prozent der Stimmen.

18 Prozent - das war schon im Wahlkampf 2002 das Ziel der FDP, damals allerdings ein leicht größenwahnsinniges. Aber vor sieben Jahren herrschte ja auch noch "Spaßwahlkampf", und Westerwelle, der später vom bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber als "Leichtmatrose" verspottet wurde, tourte mit seinem "Guido-Mobil" durch die Republik. Das Wahlziel "18 Prozent" ließ er sich sogar auf die Schuhsohlen kleben. Diese hielt er dann in die Kameras.

Doch als es 2002 und auch 2005 nicht für Westerwelles und Merkels schwarz-gelbe Wunschmehrheit reichte, änderte der FDP-Chef die Strategie. Schluss mit lustig, hieß die Devise. Westerwelle gibt seither den Staatsmann, auch das Image der Partei hat sich gewandelt. Früher galt sie als Klientelpartei - als eine, in der sich vor allem bestens verdienende Zahnärzte gut aufgehoben fühlen. Doch Westerwelle hat in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, dass er vor allem die Mittelschicht im Blick hat. Für diese, besonders für kinderreiche Familien, müsse es Steuersenkungen und eine Vereinfachung des komplizierten deutschen Steuerrechts geben, meint er unermüdlich und konnte damit viele ehemalige CDU-Anhänger auf seine Seite ziehen. Heute ist die FDP in 13 von 16 Landtagen vertreten und sitzt in fünf Landesregierungen. In Hessen kam sie Mitte Jänner auf 16 Prozent der Stimmen. Zum Vergleich: Die Grünen sind in elf Landtagen und zwei Regierungen (Bremen, Hamburg).

Zwar weist die Forschungsgruppe Wahlen zwischenzeitlich wieder nur 13 Prozent für die FDP aus, doch Westerwelle ist dennoch zufrieden. Er rechnet damit, dass er im Herbst zum Königsmacher wird. Merkel will ihn ohnehin als Partner. Doch auch die SPD umwirbt ihn. Denn sollte es für die Wunschkonstellation Rot-Grün nicht reichen (wovon aus heutiger Sicht auszugehen ist), dann wird Westerwelle für eine "Ampel" aus SPD, FDP und Grünen gebraucht, um eine Neuauflage der ungeliebten großen Koalition zu umgehen.

Vergangene Woche hat Steinmeier Westerwelles Biografie vorgestellt. Warum er das denn tue, wurde der Vizekanzler und Außenminister gefragt. Dessen Antwort: "Es gab nicht genug Gründe, abzulehnen." Und Steinmeier machte Westerwelle noch ein Kompliment: Dieser könne einen prima Außenminister abgeben. Aber nur unter einem Kanzler Steinmeier. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2009)