Christian Havranek, Deloitte.

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Internationale, aber auch nationale Managergagen zeigen ein aus den Fugen geratenes System. Deloitte-Experte Christian Havranek warnt vor simplen Formeln, um Angemessenheit herzustellen. Karin Bauer hat gefragt.

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STANDARD: Was sollen Manager in staatsnahen Unternehmen verdienen dürfen? Sind 500.000 Euro angemessen? Oder 500.000 Dollar? Haben die Grünen recht, die das Einkommen des Bundeskanzlers mit rund 300.000 Euro als Grenze wollen?

Havranek: Ich kann all diesen Zahlen nicht folgen, das ist ein wildes Herumgeschmeiße mit Zahlen.

STANDARD: Wie viel mehr als der Durchschnitt der Belegschaft sollen die Bosse also kriegen? Das 20fache, das 50fache?

Havranek: Das sind viel zu schlichte Formeln, so lässt sich Angemessenheit nicht herstellen. Mir ist ein Systemansatz lieber: Im Idealfall würde dabei eine Bezüge-Pyramide herauskommen, die dieselbe Akzeptanz hat wie die der Spitzenfunktionen im Öffentlichen Dienst. Parameter müssen Strukturelemente sein wie Wertschöpfung, Internationalität, Intensität des Mitbewerbs, Größe des Unternehmens, Volatilität des Geschäftes. Ein Kreis von Vergütungsprofis kann so ein Modell erarbeiten. Manche Vorstände bekommen dann mehr als heute, andere weniger.

STANDARD: Was ist angemessen abseits der Staatsnahen?

Havranek: Da muss man sich die drei Komponenten anschauen: Bei den Funktionsgehältern war die Entwicklung nicht überbordend. Wenn sie nun aufgrund der Unternehmensentwicklung reduziert werden, dann im Konzert mit der Belegschaft. Long-Term-Incentives, die auf Wertentwicklungen von Unternehmen basieren, sollten sistiert werden, bis neue Zielparameter gefunden sind.

STANDARD: Also Verzicht?

Hanvranek: Ja, zur Angemessenheit gehört jetzt auch Verzicht. Aber, um die dritte Komponente - die Short-Term-Incentives - nicht zu vergessen: Es wäre Wahnsinn, dieses Steuerungsinstrument in der Diskussion um Bonifikationen jetzt ganz aufzugeben. Wohl sind die Zielparameter zu hinterfragen, Ansprüche sollten erworben und geparkt werden, eine Art "Bonus-Bank" könnte angelegt werden und die Auszahlung erst am Vertragsende erfolgen.

STANDARD: Das geht aber schwer zusammen mit den immer kürzeren Funktionsperioden der Chief-Executive-Officers - eineinhalb Jahre - wie kann das funktionieren?

Havranek: Auch das ist eine Situation, an der sich etwas ändern muss.

STANDARD: Sind die Aufsichtsräte schuld daran, dass in puncto Managergagen so viel aus den Fugen geraten ist?

Havranek: Sie sind mitschuldig, weil sie nicht erkannt haben, dass eine fundierte Argumentation für die Bezahlung der Vorstände nötig ist. Viele Aufsichtsratschefs haben sehr viel freihändig gemacht.

STANDARD: Benchmarks sind aber bekannt. Was wäre die adäquate Entscheidungsbasis?

Havranek: Der Aufsichtsrat sollte alle Studien verwenden oder gutachterlich verwenden lassen, um den Gesamtnettobarwert eines Vorstands rechnen zu lassen: absolute Höhen, Abgeltung bei vorzeitiger Beendigung ohne schwere Verfehlung, Wert der Deferred-Compensation-Komponente und angenommener Abzinsungsfaktor. Das wäre Basis einer "informed decision" - das geschieht leider viel zu selten.

STANDARD: Beim Verzicht geht es auch um Symbole ...

Havranek: Ja, aber nicht als Weg zur Angemessenheit. (DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.2.2009)