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Martin Graf (oben) fühlt sich von der Justiz verfolgt. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache steht hinter ihm.

Foto: Reuters

Wien - Für die 17 Mitglieder des Immunitätsausschuss im Parlament dürfte es eine Formsache sein. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf wird aller Voraussicht nach in der nächsten Sitzung, die binnen 30 Tagen stattfinden muss, an die Justiz ausgeliefert.

Der Grund: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Untreue und der fahrlässigen Krida im Forschungszentrum Seibersdorf. Graf, Ende Oktober 2006 als Gesamtprokurist aus den Austrian Research Centers (ARC) ausgeschieden, soll zu Unrecht 50.000 Euro bekommen haben. Graf weist die Vorwürfe zurück, für ihn gilt, wie für alle Involvierten, die Unschuldsvermutung.

Da Politiker nur im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit immun sind, dürfte Graf diesen Schutz verlieren. Die Auslieferung wäre Graf aber ohnehin Recht, wie er am Donnerstag sagte. Er sieht sich als Opfer eines "Hexentreibens" , wirft der Justiz vor, nicht korrekt zu arbeiten. Ins Rollen gebracht wurden die staatsanwältlichen Recherchen 2007 durch eine anonyme Anzeige, in der wirtschaftlicher Niedergang und Misswirtschaft in der ARC-Gruppe seit 2003 aufgelistet waren. Munition lieferten auch die ARC selbst und Mehrheitseigentümer Verkehrsministerium, das der ARC-Führung für 2006 die Entlastung verweigerte.
Die aktuelle Debatte reicht also weit zurück. Graf war von 2003 bis Oktober 2006 Geschäftsführer einer Tochter der ARC-Holding in Seibersdorf. Als die in finanzielle Schieflage geriet und im Juli 2006 mit ihren Töchtern fusionierte, wurde Grafs Geschäftsführervertrag in einen (bis 2009 dienstgeberseitig kaum kündbaren) Prokuristenvertrag umgewandelt. Als Graf 2006 in den Nationalrat gewählt wurde, musste er sich entscheiden: weiterhin ARC-Prokurist oder FPÖ-Mandat.

Zwecks Auflösung des Dienstverhältnisses bekam Graf 220.000 Euro Abfertigung plus 50.000 Euro "Einmalprämie" . Letzteres sei "ungerechtfertigt" gewesen, meint der Rechnungshof, weil sich Graf 2003 verpflichtet habe, Dienste für die ARC-Holding unentgeltlich zu erbringen. Diese Vorwürfe hätten nun die strafrechtlichen Ermittlungen nach sich gezogen, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch. Insgesamt ermittelt Staatsanwältin Sonja Riener gegen sechs Ex-ARC-Führungskräfte und gegen unbekannt.

Graf, selbst Jurist, versteht die Vorgangsweise nicht. Sämtliche Dienstverträge hätten der Schablonenverordnung der Regierung entsprochen. Die Rechtsanwälte Kunz, Schima, Wallentin hätten im Oktober 2006 attestiert, dass die (von Ex-ARC-Chef Hans Rinnhofer genehmigte, Anm. d. Red.) Vertragsauflösung aus Sicht der ARC "der Sorgfalt ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleute" entsprochen habe. Auch der Rechnungshof habe nichts strafrechtlich Relevantes festgestellt, was dort bestätigt wird. (go, ung/DER STANDARD-Printausgabe, 13. Feber 2009)