Andrea Kuntzl: "Dass nach dem Bachelor plötzlich die Plätze reduziert werden, kann nicht sein".

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Am Rande der rot-schwarzen Regierungsklausur präsentierte Wissenschaftsminister Johannes Hahn seine Reformideen zum Universitätsgesetz. Mit dabei: Die "verpflichtende positive Absolvierung einer flexiblen Studieneingangs- und Orientierungsphase" für alle Bachelor-Studien sowie das Zugeständnis an die Rektoren, nach "qualitativen Gesichtspunkten" Aufnahmevoraussetzungen für Masterstudien festlegen zu dürfen. derStandard.at sprach mit SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl darüber, was sie von den Vorschlägen hält - und was vom freien Uni-Zugang überhaupt noch übrig ist. Die Fragen stellte Anita Zielina.

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derStandard.at: Frau Kuntzl, Sie haben gemeint, eine Studieneingangsphase darf keine "Knock-out-Phase" sein - Wie wollen Sie das garantieren?

Kuntzl: Ganz grundsätzlich ist zu sagen: Wir setzen uns weiterhin für den freien Hochschulzugang ein. Das ist nicht nur eine Frage der politischen Orientierung, sondern auch dringend nötig für die Anhebung der Akademikerquote. Man sieht an allen internationalen Vergleichen, dass wir hier Aufholbedarf haben.

Natürlich bin ich bei jenen, die sagen man muss immer auf der Hut sein, um den freien Hochschulzugang zu erhalten. Aber es ist uns gelungen, in den Koalitionsverhandlungen Zugangsbeschränkungen abzuwehren, das war nämlich durchaus Thema. Und Zugangsbeschränkungen sind für uns ein No-Go.

derStandard.at: Aber bei den Vorschlägen von Minister Hahn geht es doch um Zugangsbeschränkungen?

Kuntzl: Nein.

derStandard.at: Was ist der Unterschied zwischen Zugangsbeschränkungen und den "leistungsorientierten Aufnahmeverfahren"?

Kuntzl: Aus unserer Sicht geht es darum, nicht nur einen gebührenfreien Zugang sicherzustellen - was ja durch die Beschlüsse vor der Wahl weitestgehend gelungen ist - sondern auch um einen fairen Zugang. Und natürlich beobachten wir mit Sorge, dass es in immer mehr Studienrichtungen unfaire Knock-out-Prüfungen gibt. Das sind Einzelprüfungen, die unter großen Druck stattfinden. Was wir wollen, ist dass eine Eingangsphase kommt, eine Orientierungsphase, die auch für den Studierenden einen Vorteil bringt.

derStandard.at: Wie soll so eine Studieneingangsphase aussehen?

Kuntzl: Sie soll thematisch einen Querschnitt des Studiums bieten. Es soll eine Einführung geben ins wissenschaftliche Arbeiten, man soll mit Unterstützung und Beratung lernen, einen Studienplan zu erstellen. Am Ende dieser Phase soll der Studierende wissen, was ihn erwartet, ob das Studium wirklich das ist, was er sich vorgestellt hat. Die Eingangsphase soll vor dem Bakkalaureats-Studium oder als erster Teil davon stattfinden. Klar, diese Prüfungen sind dann zu bewältigen, aber bisher war es in einem Studium ja auch immer schon nötig, Prüfungen zu absolvieren, um weiter zu kommen.

Was mir wichtig ist: Es muss natürlich eine zweite Chance geben. Jemand, der die Eingangsphase nicht beim ersten Mal positiv absolviert, muss es ein zweites Mal versuchen können. Außerdem müssen die Universitäten für die Studierenden, die diese Phase schaffen, die entsprechenden Plätze zur Verfügung stellen. Und natürlich brauchen die Unis die entsprechende finanzielle Ausstattung dazu.

derStandard.at: Wie soll es dann im Masterstudium weitergehen?

Kuntzl: Da wird es auch keine Zugangsbeschränkungen geben, die Zugangsvoraussetzung ist der Bachelor.

derStandard.at: Das bedeutet, dass jeder, der ein entsprechende Bachelor-Studium geschafft hat, auch das Masterstudium wird machen können?

Kuntzl: Ja - so sind wir in den Koalitionsverhandlungen verblieben, das ist mir schon wichtig. Dass dann nach dem Bachelor plötzlich die Plätze reduziert werden, kann nicht sein.

derStandard.at: Die Budgeterhöhung, die jetzt diskutiert wird, ist ja erst einmal eine Art Erste-Hilfe-Maßnahme - Müsste man für eine (eventuelle kostenintensive) Studieneingangsphase gleich wieder Geld zuschießen?

Kuntzl: Großen Zusatzaufwand sehe ich eigentlich nicht, weder personell noch finanziell. Aber es stimmt, es wird noch eine große Anstrengung nötig sein, um den Unis das Budget zur Verfügung zu stellen, das wir uns vorstellen. Ich hoffe sehr, dass es dem Wissenschaftsminister gelingt, die eigenen öffentlichen Aussagen auch umzusetzen. (Anita Zielina, derStandard.at, 12.2.2009)