Islamabad/Kabul/Moskau - Er kam, sah und hörte: Richard Holbrooke, der neue US-amerikanische Gesandte für Pakistan und Afghanistan traf am Donnerstagabend in Kabul ein, nachdem ein Schneesturm seinen Flug aus dem pakistanischen Lahore verzögert hatte. Der Top-Diplomat, der sich seinen Ruf als "Bulldozer" am Verhandlungstische während der Balkankriege in den 90er-Jahre erworben hatte, tritt bei seiner ersten Reise in die Region sehr zurückhaltend auf. Seine Meinung behielt er bisher für sich. Seine kritische Haltung vor allem gegenüber dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, den er am Samstag treffen wird, ist gleichwohl bekannt. Holbrooke warf ihm in der Vergangenheit unter anderem Zögerlichkeit beim Kampf gegen die Korruption vor.

Während Holbrooke am Donnerstag schwieg, sprach Nawaz Sharif, der frühere pakistanische Regierungschef und Führer der größten Partei neben der regierenden PPP. Nach einem Gespräch mit Holbrooke in Lahore wollte Sharif einen "neuen Zugang" der USA zu Pakistan erkannt haben. Holbrooke habe einen positiven Eindruck hinterlassen, lobte Sharif. Die neue amerikanische Regierung interessiere sich für das pakistanische Volk und dessen Belange.

Während Holbrookes viertägigen Besuchs in Pakistan riefen sich die Taliban in Erinnerung: Am Mittwoch tötete ein Selbstmordkommando in Kabul bei einem Angriff auf Regierungsbehörden 26 Menschen; im pakistanischen Peschawar, wo sich der US-Gesandte aufhielt, verübten die Extremisten einen Anschlag auf einen hohen Provinzpolitiker.

"Völlig ungenügend"

In London kritisierte der britische Premierminister Gordon Brown vor einer Kommission des Unterhauses die geplante Aufstockung der afghanischen Armee als "völlig ungenügend" . Die Regierungsarmee zähle derzeit 75.000 Soldaten, sagte Brown, geplant sei eine Vergrößerung auf 120.000 Soldaten. Dies reiche aber nicht aus, um ein Land von der Größe und den geografischen Gegebenheiten Afghanistans zu sichern, erklärte der Premier. Großbritannien ist mit derzeit 8300 Soldaten, die fast alle im umkämpften Süden stationiert sind, der größte Truppensteller nach den USA.

Russland erklärte sich bereit, US-amerikanische Versorgungslieferungen nach Afghanistan über sein Territorium zuzulassen. Wie die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Außenministerium berichtet, ist die endgültige Entscheidung bereits gefallen. Die Lieferungen, die zunächst über russisches Territorium und dann durch Kasachstan und Usbekistan führen werden, sollen demnächst beginnen. Man müsse nur noch einige logistische Details des Eisenbahntransports ausarbeiten.

Da Kirgisien vergangene Woche beschlossen hat, den US-Luftwaffenstützpunkt in Manas zu schließen, müssen sich die USA auf die Suche nach neuen Transportwegen für ihre Ausrüstung machen. Die Versorgung über Pakistan ist zuletzt durch Angriffe immer unsicherer geworden. Die Schließung der Basis Manas am internationalen Flughafen der Hauptstadt Bischkek trifft auch zehn weitere Staaten, die Truppen in Afghanistan stellen, darunter Deutschland und Spanien.

Rom kündigt Soldaten an

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi stellte US-Präsident Barack Obama ein stärkeres Engagement seines Landes in Afghanistan in Aussicht, sollte Washington dies verlangen. Berlusconi habe Obama am Telefon erklärt, dass Italien weitere 800 Soldaten nach Afghanistan entsenden könnte, berichtete die Turiner Tageszeitung La Stampa. Italien hat gegenwärtig etwa 2800 Soldaten zwischen Herat und Kabul im internationalen Einsatz. (Reuters, dpa, ved, red/STANDARD,Printausgabe, 13.2.2009)