Die Attribute von patriarchalisch geprägten Wissensträgern: "o. T. (Zigarren und Spazierstöcke)" von Gernot Wieland.

Foto: Galerie Huber

Ein Spazierstock, zwei Fotografien und Mundstücke, die man psychiatrischen Patienten während der Elektroschock-"Therapie" in den Mund gelegt hat, bilden die materielle Basis der Ausstellung von Gernot Wieland in der Galerie Andreas Huber. "You do not leave traces of your presence, just of your acts" titelt die Präsentation, in der sich der Künstler mit imaginären und sehr realen (historischen) Bildern befasst.

Ein Brief ist Ausgangspunkt von Gernot Wielands Ausstellung. Er wurde an das Berliner Psychoanalytische Institut adressiert und stammt vom Arzt Max Eitingon, der darin den Traum eines Patienten von Sigmund Freud analysiert. Für Gernot Wieland spielt jedoch weder der Inhalt des Traums noch seine zeitgenössische Analyse eine entscheidende Rolle. Vielmehr geht es dem Künstler um die Vorstellungsbilder, die er als Resultat eines historischen und gesellschaftlichen Prozesses versteht.

In der Ausstellung präsentiert er zwei Schwarz-Weiß-Fotografien, wobei zumindest eine davon einen vagen Eindruck der Traumbilder gibt: Sie zeigt die Umrisse oder vielleicht bloß noch die Schatten mehrerer Menschen, die langsam ganz zu verschwinden scheinen.

Die Bilder wirken bedrohlich und rufen nicht zuletzt aufgrund des historischen Kontexts keine sehr angenehmen Assoziationen hervor. Was Freud und Eitingon dazu meinten, wird zur Nebensache, aber dafür liegen auf einem Sockel zwei Mundstücke, die während der Elektroschock-"Therapie" das Zerbeißen der Zunge verhindern sollten. Aus Metall und Seife gefertigt, wird einmal auf die Härte des Verfahrens verwiesen, aber auch an die seltsame Vorstellung vom Reinwaschen der Seele gemahnt. An der Decke hängt ein Spazierstock, der in einer Collage des Künstlers noch öfter auftaucht: Diese besteht aus Fragmenten unterschiedlichster historischer Bilder, auf denen sich "Zigarren und Spazierstöcke" wiederholt als wichtige Attribute von Trägern patriarchal geprägten Wissens erweisen. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.2.2009)