Wer keine Lust mehr auf überteuerte Kosmetik und schädliche oder unwirksame Inhaltsstoffe hat, ist in der Florianigasse 75 gut aufgehoben. Die Kosmetikmacherei hat sich auf den Handel mit kosmetischen Rohstoffen spezialisiert und bietet Kurse und Literatur an. So kann sich jede(r) zu Hause in der Küche ihre (seine) Cremen, Shampoos, Lippenstifte oder Parfüms selber mixen.

Foto: derStandard.at/Julia Schilly

Petra Doleschalek arbeitete als Produktmanagerin im Kosmetikimport. Nebenbei machte sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. "Irgendwann passten diese zwei Teile meines Lebens nicht mehr zusammen. In der Kosmetik im Handel sind oft mehr Füllstoffe als Wirkstoffe enthalten", sagt sie. Im September 2004 eröffnete sie ihr eigenes Geschäft.

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Meine Erstbestellung kostete 1900 Euro, die ich mir teilweise ausborgen musste. Das Problem stellt sich heute nicht mehr. Das Geschäft hat sich herumgesprochen, die Räumlichkeiten mussten erweitert werden. Der erste kleine Geschäftsraum wurde mittlerweile auf 200 Quadratmeter Fläche und drei Stockwerke aufgestockt.

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Die Geschäftsführerin erkennt drei Typen, die regelmäßig die Kosmetikmacherei aufsuchen: Die kreative Hobbyrührerin, die gerne etwas zusammen 'pantscht', Menschen mit Hautproblemen und Sparfüchse. Doleschalek hat noch eine Theorie: "Je schlechter die Zeiten sind, umso mehr ziehen sich die Menschen wieder nach Hause zurück und wollen ihre Zeit sinnvoll verbringen. Ich nenne das den modernen Biedermeier."

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"Die Pioniere der homemade cosmetic sitzen in England", berichtet sie. Die deutschsprachige Literatur stammte großteils aus den 70er Jahren und die Rezepte waren kompliziert und nicht den neuen Produkten angepasst. Also begann Doleschalek ihre eigenen Rezepte zu entwickeln.

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Daraus sind zwei Bücher entstanden. "Ich habe schon immer darauf gewartet, dass endlich jemand etwas veröffentlicht. Aber es kam nichts. Deshalb habe ich das Buch irgendwann selbst geschrieben", sagt Doleschalek. Im ersten Jahr verkaufte sie bereits 5000 Exemplare.

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Alle Pflanzenöle, ätherischen Öle und Düfte können beschnuppert werden. Wem es zuviel wird, kann die Nase mit Kaffee beruhigen. Doch das Durchtesten lohnt sich: Jeder Hauttyp kann hier die optimale Pflege finden. Von weichmachendem Melonensamenkernöl für sensible Haut, vitaminreichem Traubenkernöl für reife Haut bis hin zu Schwarzkümmelöl bei Neurodermitis oder Johanniskernöl für nervöse Haut ist alles dabei.

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Vitamine und spezielle Zusatzstoffe werden in einem kleinen Eiskasten frisch gehalten. Eines ist der Besitzerin wichtig zu betonen: "Wir ersetzen keinen Arzt. Erkrankte Haut gehört in ärztliche Behandlung." Jedoch schicken ÄrztInnen vom AKH oft PatientInnen nach einer Bestrahlung oder Chemotherapie zu ihr. Denn die Kosmetikmacherei ist das einzige Geschäft, das Emu-Öl anbietet. Es wirkt Gewebe erneuernd. Das kann auch bei Neurodermitis lindernd wirken. Die Aborigines verwenden es seit jeher als Heilöl.

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Eine selbstgemachte Creme will auch schön verpackt werden. Tiegelchen, Fläschchen, Lippenstifthüllen und Cremedosen gibt es in vielen Farben und Größen. Doleschalek kauft das meiste in Italien ein und recherchiert oft nach neuen Produkten im Internet. "Von der Umsatzstatistik ist das mittlerweile einer der größten Posten. Das beweist wieder einmal, dass wir Augenmenschen sind", meint sie.

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Besonders freut Doleschalek das breite Publikum: Männer und Frauen von zehn bis 70 besuchen sie im achten Bezirk. "Es kommt schon vor, dass sich die Studentin mit den Birkenstocksandalen und die ältere Pelzmantelträgerin in meinem Geschäft über Rezepte austauschen", erzählt sie und lacht.

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Die händische Portionierung der Großlieferungen wird in der Abfüllwerkstatt nach strengen hygienischen Bedingungen vorgenommen. "Um ehrlich zu sein: Das ist eine mords Hackn", sagt Doleschalek.

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Oft würden die Leute fragen, warum die Kosmetikmacherei nur drei Halbtage in der Woche offen hat. "Wir arbeiten aber zu dritt 40 Wochenstunden. Wir haben einen großen logistischen Aufwand, da wir von Australien bis Schottland importieren." Wenn möglich, kauft Doleschalek in Österreich ein, vieles werde aber einfach nicht angeboten. Wer es zu den Öffnungszeiten nicht ins Geschäft schafft, kann auf den Internetversand zurück greifen.

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Die Kosmetikmacherei bietet regelmäßig Kurse an: Von Seifensieden, Haut und Haar bis Lippenstift und Tinkturen ist alles dabei. "Besonderen Andrang gibt es auch bei unseren Männerkosmetikkursen. Da zahlen Männer nur die Hälfte und Frauen den vollen Preis", sagt Doleschalek.

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Im Zuge der Geschäftserweiterung mietete Doleschalek zufällig wieder die alte Werkstatt ihres Urgroßvaters. "Er hat sie 1906 eröffnet und ich mein Geschäft genau 100 Jahre später. Da wusste ich: Das kann nur gut gehen", erzählt sie. Eine Tafel am Eingang erinnert daran. (Julia Schilly, derStandard.at, Februar 2009)

Kosmetikmacherei

Di. 16 - 19, Do. 09 - 11.30, Fr. 14 - 18
Florianigasse 75 (Eingang Uhlplatz 1)
1080 Wien

Zu erreichen: U6 Station Josefstädterstrasse; Strassenbahn Linie J,5,33 Station Blindengasse

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